Lee Fields – Live am 4.8. im Lido in Berlin

06.08.2013
Foto:Malte Seidel
Am Sonntag stellte Lee Fields unter Beweis, wie Musik Menschen verschiedenster Altersklassen verbinden kann. Die Perfektion in seiner Performance bleibt das einzige Indiz für seine fast ein halbes Jahrhundert andauernde Karriere.

Ob tätowiert und gepierct, vollbärtig, ob mit Snapback auf dem Kopf, modebewusst oder nicht, ob alt oder jung, dick oder dünn, groß oder klein, arm oder reich, Männlein oder Weiblein; Soul Music geht über Oberflächlichkeiten hinaus und lässt an diesem Abend das Lido in Berlin mehr als bunt aussehen. In einer Zeit, wo Popmusik und Alltag von Geld und Schönheitsidealen dominiert werden, wünscht man sich etwas zum Fühlen, zum Verstehen und zum Identifizieren. Man wünscht sich, zustimmen zu können, wenn jemand etwas sagt. Erfüllung findet dieser Wunsch mit Lee Fields. In Songs wie »Money Is King« thematisiert er eben jene Geldgier und übt Sozialkritik. Er stellt die Beudeutungslosigkeit des Geldes in Kontrast zu den Dingen, die einen Menschen wirklich zufrieden machen. In »I Still Got It« werden materielle Dinge generell dem seelischen Wohlbefinden untergeordnet. Fields ist jemand, der den Geist des Soul der 1960er und 1970er Jahre im wahrsten Sinne des Wortes wiederbelebt. Und das, obwohl oder gerade, weil er wie auch Charles Bradley schon über 60 Jahre und mehr auf dem Buckel hat. Das merkt man ihm jedoch keineswegs an, als er an diesem Abend die Bühne betritt. Vielmehr übertrifft er mit seinem wiegenden Gang die eingangs erwähnten Jünglinge im Publikum in ihrer »Coolness«. Er verkörpert den Zeitgeist der goldenen Soul-Ära und ist dabei nicht gealtert. Die Perfektion seiner Performance bleibt heute das einzige Indiz für seine fast ein halbes Jahrhundert andauernde Karriere. Er rennt über die kleine Bühne, trifft und beseelt dabei jeden einzelnen Ton. Ausrutscher? Fehlanzeige. Begleitet wird er dabei von den auf den Punkt groovenden The Expressions, mit denen er auch seine letzten drei Alben aufnahm. Die Energie, die von der Bühne aus in den Saal strömt ist mitreißend. Mehrfach münden die Songs in schneller (accelarando) und lauter (crescendo) werdenden Passagen, die das Publikum zum Tanzen und Springen verpflichten. So auch die Coverversion von Bobby Hebbs »Sunny«. Lee Fields schafft es, jedem im Publikum, so unterschiedlich jeder einzelne heute Abend auch sein mag, ein Funkeln in die Augen zu zaubern.

[Das Foto zeigt Lee Fields live am 22.3.2012 im Lido in Berlin. Wir mussten mangels anderem Bildmaterial darauf zurückgreifen.]