Review

Black Merlin

Kosua

Island Of The Gods • 2018

Der Stamm der Kosua lebt irgendwo in den Dschungeln von Papua-Neuguinea, seit zehntausenden Jahren abgeschottet von der Außenwelt. Nur per Lufttaxi und mit einem anschließenden viertägigen Gewaltmarsch überhaupt erreichbar, gehört die Heimat der Kosua zu den abgelegensten Gegenden des Planeten. Für die Fortsetzung seines 2016 auf Island Of The Gods veröffentlichten Debüts »Hipnotik Tradisi« begab sich der als Black Merlin bekannte Produzent George Thompson ins Herz dieser Urwälder und freundete sich über Monate mit den Kosua an, lebte in deren Siedlungen und begleitete sie auf langen Wanderungen, die ihn bis hinauf zum Gipfel des Bergs Bosavi führten. Hier, im undurchdringlichen Dickicht dieses vor 200.000 Jahren erloschenen Vulkankraters, verbrachte Black Merlin mit seinem Equipment Tage und Nächte, in denen er das nie endende Konzert von Insekten, Vögeln, Pflanzen, Regen und Winden aufzeichnete. Auf dem Vorgänger akzentuierten derartige Field Recordings noch das elektronische Grundgerüst, mit »Kosua« nehmen sie endgültig die tragende Rolle ein. Tatsächlich gibt es nämlich über die stolze Laufzeit von rund 84 Minuten bis auf Ausnahmen wie »Kundu« und »Talisu« kaum einen Beat, der mehr als Untermalung ist. Viel mehr liegt der Fokus auf der akustischen Darstellung des Milieus Urwald, das mit jedem Track greifbarer wird. Über düsteren Synthflächen bäumen sich hierbei cineastische Drones und Streicher auf, ebben ab und verschwinden in grellen Lauten exotischer Paradiesvögel. Dazwischen immer wieder obskure Gesprächsfetzen und schamanische Gesänge, deren simple Wiederholungen hypnotisieren oder beunruhigen können, aber auch Spoken-Word-Passagen wie aus einer alten BBC-Naturdokumentation. Zentrum des Albums ist der titelgebende Stamm, dem hier eine subtile akustische Collage jener sich verschlingenden Umgebung gewidmet wird, zu der die in ihr lebenden Menschen über Äonen sinnliche Verbindungen aufgebaut haben. Entrückend kann »Kosua« daher auch wirken, allerdings auf eine zuweilen enorm bedrohliche Weise.