Review

Tim Hecker

Anoyo

Kranky • 2019

2018 verband Tim Hecker auf »Konoyo« verträumten Noise mit japanischer Kammermusik. Dafür reiste der Kanadier mehrfach in den ostasiatischen Inselstaat, um das außergewöhnliche Crossover-Projekt mit einem originalen Gagaku-Orchester einzuspielen. Sechs aus den Sessions übriggebliebene Stücke reicht er nun mit »Anoyo« nach. Ausschussware muss dabei nicht befürchtet werden. »Anoyo« funktioniert als eigenständiges Werk, das sich in seinem verschleierten Klang deutlich vom Vorgänger unterscheidet. Wo »Konoyo« elektronische Elemente in den Mittelpunkt rückte, nehmen die japanischen Instrumente auf »Anoyo« einen größeren Raum ein. Fasstrommel, Zither, Querflöte und Hichiriki treffen auf minimalistische Soundflächen. Anders als auf »Konoyo« setzen diese nicht auf Dissonanzen und Knalleffekte, sondern halten die Stücke mit ausgedehnten Drone-Elementen fast schon beiläufig zusammen. Nicht ohne Grund nennt sich eines der Lieder »Step Away From Konoyo«. Die Musik entstand mit Mitgliedern des Ensembles Tokyo Gakuso aus der Improvisation heraus. Entsprechend unstrukturiert klingt sie. Längen von drei bis neun Minuten erreichen die sechs Stücke, funktionieren als 34-minütiges Gesamtkunstwerk jedoch am besten. Tim Heckers große Leistung dabei: Er bringt westliche Moderne und fernöstliche Tradition zusammen und lässt es klingen, als sei es das Normalste der Welt.

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Tim Hecker
Anoyo
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