Review

Michael Orr And The Book Of Life

Love Will Rise

High Jazz • 2019

Es gibt ganz offensichtlich ein gesteigertes Interesse an Jazz. Und auch wenn Jazz in diesem Zusammenhang eher stumpf denn scharf umrissen erscheint, entstehen um den großen Trend ganz viele weitere kleine Mikro-Trends. Einer dreht sich um Spirituals, Gospel und Artverwandtes. Nicht nur die »Spiritual Jazz«-Reihe beweist seit längerem, dass sich Jazz und die Anrufung übernatürlicher, meist göttlicher Kräfte häufig bedingt haben; oder zumindest nicht nur per Zufall zusammenkamen. Eine dieser Platten, die innerhalb dieser durchaus positiven Marktbewegung nun nach oben an der Oberfläche gespült wird ist dieses Werk von 1981. 1975 hat Michael Orr sein Debüt »Spread Love« veröffentlicht (steht bei demnächst bei Tidal Waves als Reissue an), 1979 ging es dann wieder in das Studio für »Love Will Rise«, das Martin Luther King gewidmet ist. Martin Luther King tritt hier sowohl als Ikone der Bürgerrechtsbewegung, als auch als spiritueller Pfarrer auf. Die aufsteigende, aufstrebende Liebe des Titels ist eine christliche Nächstenliebe; vorerst recht weit weg von jener Liebe, die sonst in den Spätsiebzigern von Soul-Sänger*innen hoch- und runterbesungen wurden. Also nicht Al Jarreau, nicht Isaac Hayes, es gibt vermutlich gar nicht so viele Vorbilder von Bedeutung; zumindest die Intonation erinnert häufiger an einen jungen Gil Scott-Heron Wie gesagt: Irgendwo zwischen Soul und Gospel, musikalisch-instrumental auch gerne mal in die aufstrebende Smooth Jazz-Ecke wandernd, George Benson als Bruder im Geiste akzeptierend. Nicht nur für New-Born-Christians, sondern auch abgesehen von der religiösen Aufladung echt ein Essential.