Review

Courtney Barnett

MTV Unplugged Live In Melbourne

Marathon Artists • 2020

»MTV Unplugged« steht für aufwändig inszenierte Konzerte, die der Musik den Strom, aber nicht ihren Pomp nehmen. Die Wahl der Location fällt meist außergewöhnlich aus und drei- bis fünfköpfige Bands schwellen mitunter auf Orchestergröße an. Courtney Barnett, die die Lebenshaltung einer Müßiggängerin zur Schau trägt, scheint erst einmal nicht in dieses Konzept zu passen. Die Australierin bestreitet ihr »MTV Unplugged« nach eigenen Regeln. Am 22. Oktober 2019 spielte sie das Konzert in ihrer Heimatstadt Melbourne im Hof der Kunstbar Howler. Die gemütliche Atmosphäre kommt auch ohne visuelle Eindrücke herüber. In den Liedpausen klirren Bierflaschen. Beim Applaus, so scheint es, lässt sich jedes einzelne Handpaar heraushören. Fünf eigene Hits und drei Cover – die Songs wählte Barnett dazu stimmig und schlicht aus. Mit »Depreston« beginnt sie ihr Set auf einer Folk-Rock-Note. Sofort sticht das Cello hervor, das sich wie ein roter Faden durch das Album zieht. Ihre Begleitband besteht trotzdem nur aus drei Musikerinnen und Musikern. Unterstützt wird die 32-Jährige allerdings von Gästen. Für »Charcoal Lane« verbündet sie sich mit Paul Kelly, die gemeinsam wie die Slacker-Version von Joan Baez und Bob Dylan klingen. Die non-binäre Musiker_in Evelyn Ida Morris begleitet Barnett für die Anti-Misogynie-Hymne »Nameless, Faceless« an Piano und Mikrofon. Im Duett erzeugen sie den Gänsehautmoment der Platte: »I wanna walk through the park in the dark / Men are scared that women will laugh at them / I wanna walk through the park in the dark / Women are scared that men will kill them.« Das alles ist perfekt unperfekt. Aber gerade deshalb wirkt Courtney Barnetts Version von »MTV Unplugged« erfrischend bodenständig.