Review

P.O.S.

We Don’t Even Live Here Anymore

Rhymesayers • 2012

P.O.S. ist ein Punk. Was im HipHop häufig als abfällige Beleidigung verstanden wird, hat bei dem Doomtree-Mitglied aus Minneapolis aber eine ganz andere Bedeutung: Seine Haltung ist radikal, anti-establishment und dekonstruktivistisch. Mit seinen bisherigen drei Alben hat er künstlerisch-brachial das kaputt gemacht, was ihn kaputt macht. Auch auf »We Don’t Even Live Here Anymore« verkündet er die Endzeitstimmung seiner Spoken-Word-Passagen mit hoch-gehaltenem Mittelfinger. Für »Fuck Your Stuff« spuckt er dir ins Essen, klaut deine Nikes und übt konstruktive Kritik am aktuellen HipHop-Mindstate (»Lookin’ out the window like Malcolm/Just when I thought this culture was open, they go and doubt ‘em«). Obwohl sich an unserer ausweglosen Gesamtsituation, den konservativen Wertvorstellungen und dem zyklisch-kriselnden System bekanntermaßen wenig verändert hat, gibt Stefon Alexander den Kampf mit seinem vierten Album aber scheinbar auf. Der 31-Jährige klingt eher hoffnungsvoll-optimistisch als suizidgefährdet. »How We Land« mit Bon Ivers Justin Vernon fasst etwas kitschig die Evolutionsgeschichte zusammen und »Fire In The Hole/Arrow To The Action« umgeht gerade noch der Bezeichnung Crossover. Das eigentlich schlüssige Sound-Konzept, das P.O.S. mit seinem ehemaligen Klassenkameraden und dem Haus-Engineer Kanye Wests, Andrew Dawson, erarbeitete, bricht mit dem housigen, von Boys Noize & Housemeister produzierten letzten Electro-Drittel. So wichtig die Rebellion des Rhymesayes in unserem zynischen Zeitalter auch sein mag, so bedeutungslos bleibt die musikalische Umsetzung auf »WDELHA«.