Review

Prinz Pi

Kompass ohne Norden

keine Liebe • 2013

Auch wenn Hip Hop 2013 seinen Sprösslingen so einiges erlaubt, ließ Prinz Pi während der aktuellen Promo-Phase die gebeutelte Rap-Landschaft doch etwas in Unbehagen erschauern, als er vollmundig Bob Dylan oder The Beatles als Referenzen zu seinem 15. Album aufzählte. Mit selbstgerechtem Namedropping hat »Kompass ohne Norden« aber genauso wenig am Hut wie das Ruhrgebiet mit der Erfindung der Currywurst. Viel mehr widmet sich Pi der eigenen Orientierungslosigkeit in diesen »Modernen Zeiten«, wo »unsere neusten Fotos wieder wie Polaroids aussehen« und die ihn zum »letzten Ex« seiner »Königin von Kreuzberg« gemacht haben. Die musikalischen Visionen des Friedrich Kautz sind auf diesem Album ironischerweise fokussierter denn je und manifestieren sich auf 13 Anspielstationen zu etwas, das deutsche Feuilletonisten als leicht verspätetes »Coming-Of-Age-Album« bezeichnen werden. Es sind Erzählungen von Euphorie auf Bevorstehendes (»Fähnchen im Wind«), von der (Un)zufriedenheit über Zurückliegendes (»Ende Blut, alles Blut«) und von der Schicksalhaftigkeit des Jetzt (»Kompass ohne Norden«). Pis kennzeichnende Akribie, seine Lieder stets stilsicher mit popkulturellen Kreuz-und-Querverweisen, persönlichen Geschichten und emotionalen Identifikationsflächen zu bebildern, entkräftet dann auch jede Argumentation über fehlende hochtechnisierte Flow-Abfahrten. Es geht um die Dramaturgie des Verharrens, des Wartens, des – nun, ja- Erwachsenwerdens. Die großspurige Klangästhetik aus Synthie-Pathos und Proberaum-Flair von »Rebell ohne Grund« fusioniert hier in aller Konsequenz mit der bodenständigen Analog-Instrumentierung von »Hallo Musik« zu der wohl unpeinlichsten Feuerzeug-Musik seit »XOXO«.