Review

Arto Lindsay

The Encyclopedia of Arto

Northern Spy • 2014

Eine Enzyklopädie zu Arto Lindsay? Der in Brasilien aufgewachsene Panamerikaner beweist mit dem Titel seiner Best-Of-Zusammenstellung einigen Humor. Denn »The Encyclopedia of Arto« ist keine Karriererückschau, sondern lediglich eine Auswahl aus seinen zwischen 1996 bis 2004 entstandenen Soloalben. Zumindest auf der ersten CD, der zweite Teil der Zusammenstellung besteht aus Live-Versionen. Und während man bei den Studio-Fassungen einen durchaus gelungenen Querschnitt durch Arto Lindsays zwischen brasilianischen, Funk-, HipHop- und Noise-Einflüssen oszillierendes Solowerk geboten bekommt, erinnert der Konzertmitschnitt daran, dass der für seine »tonfreie« Spielweise bekannte Gitarrist und Sänger in der New Yorker No Wave-Szene groß wurde. Konsequenterweise spielt er live auch keine erkennbaren Töne – im Studio übernehmen das ohnehin andere für ihn. Diese zwei Seiten von Arto Lindsay ergänzen sich auf fast unheimliche Weise, lassen seine eben noch dezent-abgründigen Popsongs plötzlich in einer schroffen, selbstentblößenden Zerbrechlichkeit erscheinen, so als würde er auf der Bühne die Maske fallenlassen. Bis auf den Text und die Melodie bleibt in der Regel nichts vom Original übrig, mitunter muss man sich anstrengen, um die Vorlage zu erkennen. Für eine echte Enzyklopädie fehlt selbstverständlich sein Frühwerk mit Bands wie DNA, den Ambitious Lovers oder den Golden Palominos. Einen überraschenden Blick auf Arto Lindsay bietet dieses sehr kontrastreiche Doppel aber allemal.

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