Review

Istari Lasterfahrer

Walls Cave In On You

Sozialistischer Plattenbau • 2014

Es lässt sich lang und trefflich darüber diskutieren, wie man ein Label mit politischer Haltung musikalisch über die Zeitläufte bringt, ohne dabei an Frische und Glaubwürdigkeit einzubüßen. Man kann sich aber auch einfach das jüngste Werk von Istari Lasterfahrer anhören. Felix Raeithel hat seinen inzwischen fünfzehn Jahre alten Sozialistischen Plattenbau nie ideologisch betrieben, sondern immer wieder unsichere Positionen artikuliert und verhandelt, ob explizit in seinem Duo mit Classless Kulla oder in künstlerischer Verklausulierung wie etwa in den Releases von Handbag/Abba. Die stilistischen Kapriolen, die er auf seinem jüngsten Mini-Album schlägt, wirken nicht nur aufgrund subtiler Querverbindungen folgerichtig, sondern weil sie aktuelle musikalische Leidenschaften unverstellt abbilden. Und die hatte man nicht unbedingt auf dem Zettel. Um freie Stücke mit Modularsynth und von dessen Soundstrukturen getriggerten Orchester-Samples gruppieren sich klassische Links-Techno-Referenzen aus 303 und Breaks, die schließlich in Doom-Dubcore ausrollen. Das aufgekratzte Titelstück purzelt fortlaufend in sich zusammen, dann geht es zügig von Karlheinz Stockhausens »Kontakte« zur »Destroy Deutschland«-Compilation zu Sun Ra in Space, und bevor die letzten beiden Stücke unter finsteren Dub-Schlägen und mahlenden Bässen Grüße an Nomex & Scud respektive Sonic Subjunkies senden, zerschellt in Zeitlupe ein hypermodernes Jazz-Ensemble in tausend funkelnde Stücke. Ein Brückenschlag ins Niemandsland verflossener wie unentdeckter Energien, der in dieser Verquickung viel mehr Spaß und Mut macht, als man glauben mag, und ein hübsches Paket, das den Hamburger in konzentrierter Hochform zeigt, in der jedes Detail sitzt.

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