Review

Campbell Irvine

Removal Of The Six Armed Goddess

Infrastructure • 2014

Nachdem die beiden Italiener Ninos du Brasil auf Hospital Productions mit ihrem Zweitwerk »Novos Mistérios« den Furor der Favelas in eine fiebrige Technoscheibe mit Batucada-Einflüssen gegossen hatten, kommt die Debüt-EP des in Berlin lebenden Australiers Campbell Irvine gerade zum rechten Zeitpunkt. Denn »Removal Of The Six Armed Goddess« legt die Messlatte in Sachen Polyrhythmik noch ein kleines Stückchen höher, lässt die Drones noch nervenaufreibender klagen und die Kick noch dumpfer wummern. Diese drei Tracks lassen die Klänge eines primitiven Rituals und dessen verhallten Singsang aus weiter Ferne zu uns herüber wehen. Sie verraten uns wenig, und vielleicht ist das umso besser. Denn was schon als bloße Ahnung so martialisch klingt, darunter schlummert noch viel Entsetzlicheres. Auf etwas mehr als 21 Minuten verschmelzen Lust und Ekel, Grauen und Hysterie zu einem so dichten und durchschlagenden Ganzen, dass am Ende der Kontrollverlust unausweichlich scheint. Zugegeben: Das sind nicht die geschmeidigen, in hochglänzende Dunkelheit eingehüllten Banger für den Dancefloor, wie sie eigentlich von einem Release auf Functions Infrastructure-Imprint zu erwarten wären. Und doch sollten sie vielleicht genau dort aufschlagen und den allgegenwärtigen Hedonismus im kannibalischen Karneval eskalieren lassen. Wer Noam Chomsky in seinen Tracktiteln anzitiert und dann noch der Todes- und Zerstörungsgöttin Kali Tribut zollt, der will eben mehr als dein Tanzbein in Bewegung versetzen, der will Blut sehen. Und sollte auf »Removal of The Six Armed Goddess« noch mehr folgen, muss sich die dunkel knisternde Garde von Surgeon bis Vatican Shadow nun wirklich warm anziehen. Das gereifteste Debüt der Saison, mindestens.