Review

Katharsis & Pawcut

Sommer EP

WWA • 2014

»Wir vermissen den Sommer von Juni bis September/ Früher, sagen sie, ging das alles länger« – Obwohl sich das Leipziger Duo Katharsis und Pawcut mit ihrer »Sommer EP« programmatisch wie musikalisch durchaus den nostalgischen Schuh anzieht, ist auf den 40 vorliegenden Minuten wenig Zeit für romantisierende Sonnenmonat-Sentimentalität. Denn entgegen jedes titelgebenden Verdachts auf leichtfüßige Postkartenmotiv-Musik – die dem »Hypezig«-Tamtam nur allzu gut ins Kuvert passen würde – erzählt Rapper Katharsis lieber von »Astra-Knollen und Magensäure« oder »Revolution bei einem Butterbrot«. Die »Sommer EP« tackert aerosol-getränkte Streifzüge durch die Stadt, bierselige Nachmittage im Stadtpark und eine Gästeliste aus illustren Underground-Aspiranten wie Pierre Sonality, Sonne Ra oder O-Flow zu einer wahrhaften Lebensgefühl-Ode zusammen. Jazzige Schepper-Beats, deren Einflüsse sich Producer Pawcut natürlich aus der Mid-90s-Schule New Yorker Ausrichtung erschlossen hat, wissen derlei Realkeeper-Tales aus Mainstream-Verachtung und Steineschmeißer-Mentalität eins ums andere genau in jene Pattern zu meißeln, wo sich die Rucksackträger-Gemeinde am wohlsten fühlt: Zwischen dystopischem Synthie-Gewitter und staubigem Brachial-Blues. Wäre die aggressive Delivery, mit der Katharsis den Instrumentals teilweise entgegenschreit, nicht mitunter so anstrengend, die 22 Tracks und Interludes wären ein durchweg empfehlenswertes Überwinterungsmittel. Der Audiokassetten-Ästhetik kommt so eine Kratzstimmen-Penetranz allerdings nur entgegen und wenn dann noch Odd Job, Q-Cut und der fast obligatorische Figub Brazlevič ihre Beiträge leisten, kann man die nächste Boombap-Playlist ruhigen Gewissens mit #Connewitz hashtaggen.