Review

S Olbricht

Trancess

Proto Sites • 2015

Auf seiner letzten EP wollte S Olbricht zuviel oder zumindest etwas, was nicht wirklich zu ihm passt: Den Dancefloor mit irgendwie geraden, an Konventionen orientierten Beats versorgen. Besser steht dem Gründer des Labels Farbwechsel der Sound, mit dem er sich über Opal Tapes einen Namen machte und zu dem er auf seiner neuen 12“ für das slowakische Imprint Proto Sites zurückkehrt. »Trancess« lässt zwar in vier von sechs Tracks eine Kickdrum loswummern, sie wirkt aber ein jedes Mal merkwürdig fehl am Platze. Störrisch und groovefeindlich wie ein Metronom bildet sie nur eine Art rhythmischen Backdrop für das Geraschel und Gefiepe, das der Ungar mit dem bürgerlichen Namen Martin Mikolai in seiner stark verrauschten Klangkulisse zum Vibrieren bringt. Die Spannung erzeugende Juxtaposition von Beat ohne Akzentuierungen und schlierigen Soundexperimenten greift er nach zwei spröden Auftakttracks zum Ende im Titelstück und dem zu einem gewaltigen Crescendo ohne anschließende Auflösung anschwellenden Closer »Cambran« wieder auf, im Mittelteil der Platte schiebt sich eine dumpf tönende Hantologie in den Vordergrund. Zwei Tracks lang klingt »Trancess« wie der serotoninbefreite Albtraum, in dem es um die per Titel angedeutete Trance-Party von der vorigen Nacht geht. Der elegische Ambient von der Imre Kiss-Kollaboration »Acertid« erinnert an verwaschene Leyland James Kirby-Stücke oder Lee Gambles Debüt auf PAN, das von Zuggeratter (oder doch pointilistischen Trance-Riffs?) getragene Stück »Onhom« scheint einen euphorischen Höhepunkt als Ausgangsloop eingefroren zu haben, mit unheimlichen Folgen. Der Dancefloor ist hier endlich nicht wieder Endziel, sondern Ausgangspunkt für verschlungene Exkursionen durch das verworrene Reich fehlerhafter Erinnerung. Das ist glücklicher Weise S Olbrichts Spezialgebiet.