Review

Aris Kindt

Floods

Scissor & Thread • 2015

Schwere Schicksalsschläge krempeln das Leben der betroffenen Personen gewaltig um, besonders wenn einem äußerst nahestehende Menschen verwickelt sind. Der Tod beider Elternteile innerhalb weniger Jahre lässt sich musikalisch in der Discographie von Adultnapper, einem vormals für seine Minimal-Techno, Deep-House Hybride bekannt gewordenen Produzenten sehr gut nachvollziehen. Zwar bediente er bereits vor der Gründung seines Labels Scissor & Thread und der damit einhergehenden Auswechslung seines bisherigen Alter Egos durch seinen bürgerlichen Namen Francis Harris die melancholische Schiene, dennoch war die stilistische Umorientierung überdeutlich. Betrachtet man nur die seit 2011 veröffentlichten Alben ist auch hier nochmal eine klare Tendenz von melancholischen und heruntergestrippten Deep-House Singer/Songwriter-Geschichten (»Leland«) hin zu immer experimentelleren Klanglandschaften auszumachen, die in »Floods« ihren vormaligen Höhepunkt finden und deshalb vielleicht das neue Alias Aris Kindt notwendig werden ließen. Auch wenn gerade im Design der Drums die Handschrift von Francis Harris erkennbar hervortritt (»Every New Thing«, oder auch »Embers«), so bestimmen doch jetzt vor allem Noise- und Drone-Gewitter die Szenerie der von Witterung und Verfall zerklüfteten Klanglandschaften (wie bei »Now Grey« und »Braids«). Inspiriert von den Worten von W.G.Sebald zu Rembrandts Anatomie des Dr. Tulip schweift Francis Harris in gänzlich von Abstraktion und Traurigkeit getriebene Sinneseindrücke ab, die durch das dezent im Hintergrund verarbeitete verzerrte Gitarrenspiel von Gabe Hendrick lautmalerisch unterstützt werden. Gänzlich abseits des Dancefloors angesiedelt lädt »Floods« zum Zuhören und Anregen der Vorstellungskraft ein. Es vernachlässigt jedoch, die in »Leland« und »Minutes Of Sleep« hervorgetretene und für so gut befundene stilistische Note von Francis Harris.

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Aris Kindt
Floods
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