Review

Jay Daniel

Broken Knowz

Technicolour • 2016

Wer oder was ist »Broken Knowz«? Jay Daniel klärt direkt selbst darüber auf: »Broken Knowz« sei zum einen die gebrochene Nase des gemeinhin als Sphinx bekannten altägyptischen Monuments. Daniel nennt sie bei dem Namen, den sie im Neuen Reich Altägyptens innehatte: Hor-Em-Akhet. Google-t man diesen Namen, stößt man unvermittelt auf Seiten, die auf die Vereinnahmung afrikanischer Geschichte durch die westliche Kultur hinweisen. Allein der Ursprung des Wortes »Sphinx« wird schließlich im Griechischen vermutet. Darüber hinaus erfährt man dort, dass dieses Monument höchstwahrscheinlich das Gesicht einer schwarze Person darstelle. Schlussfolgern ließe sich daraus, dass auch ihre Erbauer Schwarze waren und somit die bekannteste frühe Hochkultur der Menschheit eine schwarze Hochkultur war. Die westliche Ignoranz gegenüber dieser Perspektive versinnbildlicht also die gebrochene Nase von Hor-Em-Akhet. »Broken Knowz« steht zweitens und daran anschließend für das Wissen, das die Europäer vom afrikanischen Kontinent stahlen und sich zu eigen machten. Zuletzt steht »Broken Knowz« für die gebrochenen (lies: unterdrückten) Menschen, »wissend, wer wir wirklich sind«. Ein sehr bedeutungsschwangeres Album also, und es ist nur konsequent, dass der 25-jährige Drummer aus Detroit sich auf ihm ein Stück weit neu erfindet und aus seinen vertrauten musikalischen Gefilden herausbewegt. Verschwunden ist die pumpende Techno-Bassdrum, das synkopische Drumming ist nun nicht mehr programmiert, sondern live eingespielt. Das macht »Broken Knowz« extrem organisch und trägt viel mehr Jazz und Funk in sich als seine bisherige Veröffentlichungen. Gleichzeitig bedeutet es eine Emanzipation vom vornehmlich weißen Techno, dessen Exklusivität Jay Daniel problematisiert, und eine Hinwendung zum afrikanischen Kontinent als Wiege des menschlichen Rhythmusgefühls, der menschlichen Kultur überhaupt. Hat da jemand Sun Ra gesagt?