Review

Jonny Nash & Suzanne Kraft

Passive Aggressive

Melody As Truth • 2017

Schön und langweilig sind durch eine ziemlich schmale Linie getrennt, man kennt das aus dem Leben – und von Musik. Ambient, Balearic, New Age, whatever: es mangelt definitiv nicht an Soundtracks für Großstädter, die sich am Wochenende ein Näschen auf dem Rave gönnen, montags in einem lichtdurchfluteten Atelier Yoga machen und alles in allem eigentlich so ziemlich vegan leben. Das meiste ist Ausschussware. »Passive Agressive« nicht. Warum nicht, ist immer schwer zu beschreiben, wenn niemand singt und niemand auf die Trommel klopft. Die Synthpads haben genau die richtige Klangfarbe, das Klavier hält sich von der Bar fern, der Doppelbass gibt dem ganzen einen Bauch, wo sonst nur auf dem in der Abendsonne glitzernden Wasser die Spinnenbeinchen kaum wahrnehmbare Kreise ziehen würden. Die erste Zusammenarbeit von Jonny Nash (Amsterdam) und Suzanne Kraft (L.A) auf Albumlänge (gemeinsame 7inch letztes Jahr) gelingt. Sie gelingt ganz sicher auch, weil die Chemie zwischen den beiden stimmt. Und wo Chemie stimmt, da darf Stille sein. Man kennt das aus dem Leben… Die Stille hat hier genau denselben Stellenwert wie der einzelne Ton, was wiederum den einzelnen Ton aufwertet. Nash und Kraft fordern nicht zu viel von ihrem Chill-Out-Ambient, aber eben auch nicht zu wenig. Hier ist so spürbar Musik dahinter, ein Raum, Menschen, die Autobahn unter dem Schlafzimmerstudio, eine in sich abgeschlossene Atmosphäre. Fairerweise: man wird oft viel von diesem Album verschlafen. Was in Ordnung ist. »Passive Agressive« (beschissener Albumtitel übrigens) ist genau die Musik für die Minute, in der die Gedanken ihren Rahmen verlieren und ins Halbschlaf-Aquarell verlaufen.