Review

Little Simz

Stillness In Wonderland

Age 101 • 2017

Ob Gwen Stefanie, Tom Waits oder Aerosmith: Die meisten Wunderland-Adaptionen im Pop kamen aus den USA. Mit Simbiatu »Simbi« Ajikawo nimmt sich wieder eine britischer Künstlerin der Geschichte an und bringt sie damit dorthin zurück, wo dessen Autor Lewis Carroll ursprünglich herkam: nach Großbritannien. Little Simz aus London hat ihr bereits 2016 veröffentlichtes Album auf Grundlage von Alice’s Abenteuern konzipiert und das so erfreulich uneindeutig, dass das Ergebnis »Stillness in Wonderland« alles andere als einfältig geworden ist. Das Oxymoron im Titel deutet es bereits an, denn still ist es in Simbis Wunderland nie. Hat sie eben noch mit ihren nicht zu überhörenden Skillz geprahlt, führt sie der weiße Hase im nächsten Moment in den Erdbau der Einsamkeit: »I don’t belong anywhere, not even my own town / Am I insecure now, speaking on my thoughts now«. Jazzy dröppelts im Hintergrund. Dann schlägt das Vieh einen Haken und Simz ist plötzlich selber am Zaubern: »What a wizard I am, bitch, I’m the man/ Don’t be scared give me your hand, take you to Wonderland«, rappt sie mit Funk im Flow. Wofür ihr Wunderland steht – das rap game an sich, den Egotrip, die ewigen Selbstzweifel? – wird zwar zum Ende nicht klar, der Symbolkraft tut das jedoch keinen Abbruch. Im Gegenteil. Es bleibt Raum, sich seinen eigenen Reim drauf zu machen. Gerahmt wird die Reise ohnehin von der Frage nach Zugehörigkeit und Relevanz. Wer sich ewig in Wunderland ausruht, verpasst ja die Chance, die Realität zu gestalten.