The Moving Still – MGMTs »Cool Song No. 2«

01.10.2013
Mit »The Moving Still« wollen wir Momenten Aufmerksamkeit schenken, die wir für besprechenswert halten. Nur ein Still aus einem Video oder einem Film dient dabei als Anstoß für einen Gedanken. Das Still als Bild, Geste, Metapher, Verweis

Es geht alles vor die Hunde und am Ende ersticken wir eh an unserer eigenen Kotze. So viel Memento Mori und Vanitas gibt es sonst nur bei Gryphius, fasst hier aber den Inhalt von MGMTs »Time To Pretend« zusammen. Mit diesem Song malten sie sich aus, was der Erfolg alles mit sich bringen würde: Reichtum, Ruhm, Frauen, Koks – die ganze Palette halt und alles im Überfluss. Doch die beiden New Yorker blickten in dem selben Song schon hinter den Gipfel, desillusionierten sich selbst, was das Popstar-Sein anbelangt, bevor es überhaupt eintraf. Nur wenig später erreichte ihr Song »Kids« jeden vom »Fifa«-Zocker bis zum Röhrenjeans-Vorreiter. MGMT wurden Popstars. Und ekelten sich davor. Es folgte mit »Congratulations« drei Jahre später ein Album, das diesen Selbstekel ausdrückte. Weitere drei Jahre später suchen MGMT weiter die eigene Mitte: Was ist wirklich wichtig, was zählt? Das selbstbetitelte dritte Studioalbum sucht Antworten und das Video zu »Cool Song No.2« visualisiert diese Suche.

Beide Protagonisten des Videos personifizieren einen künstlerischen Werdegang. The-Wire-Schauspieler Michael K. Williams berauscht sich an der eigenen Macht, nimmt sich mit allen Mitteln, was er zu brauchen gedenkt. Danach hält er jeweils inne; in sein Gesicht ist der Ausdruck von Selbstekel und Scham geschrieben. Der zweite Protagonist ist krank. Befallen von etwas, das an den Plot von Boris Vians »Der Schaum der Tage« erinnert: Eine Pflanze frisst ihn von innen auf. Diese Pflanze könnte eine Metapher für den Erfolg sein. K. Williams kümmert sich um seinen Freund, besorgt Medizin. Er kämpft für ihn und wehrt sich gegen jene Prophezeiung in »Time To Pretend«, in der es heißt: »Forget about our mothers and our friends« und fleht »I might feel better, knowing that I wasn‘t alone«, eine Zeile aus dem neuen Song.

Oder aber beide Darsteller verkörpern das Dasein als Popstar. Die Medizin wird nur als solche aufgefasst, verursacht aber tatsächlich die Krankheit, vergiftet das Innere und steht so allegorisch für Drogen, schnelles Geld und andere vermeintliche Opiate, die der Erfolg bereit hält. Am Ende des Videos hält Williams Hopper in seinen Armen. Über den beiden prangt die Liebe. Doch sie wird nur durch ein rosa Herz symbolisiert und ist so nichts weiter als der klischeehafte Abklatsch ihrer selbst. Was bleibt dann noch? MGMT suchen weiterhin die Antwort.