Fleur Earth – Der Soul von der Straße

06.03.2014
Foto:Dennis Arnold
Fleur Earth gilt als die deutsche Stimme des Neosoul. Von Köln startete sie Mitte des letzten Jahrzents ihre Musikkarriere und möglicherweise die erste Bewegung in Richtung R&B und Soul in Deutschland.

Mit ihrer Band Fleur Earth Experiment (FEX) und dem Album »Soul des Cabots« stellte die Sängerin Fleur Earth 2009 Deutschlands ersten Neo Soul-Entwurf vor. Neben ihrer steten Kollaboration mit FEX-Bassist und Beatmaker Twit One ist sie außerdem mit zahlreichen Deutschen Produzenten im Bunde und tritt in die Fußstapfen großer amerikanischer Vorbilder wie Erykah Badu und Georgia Anne Muldrow Doch der Sound von Fleur Earth hat seine Einzigartigkeit und ihr ganz persönliches Instrument ist ein im Zusammenhang mit der gefühlsbetonten Soulmusik wenig benutztes: Unsere oft als hart und aggressiv missverstandene, hoch komplexe, geliebte deutsche Sprache. Die Musik von FEX ist eine leichtere, heruntergebrochene Interpretation des Vorbilds, der Soul von der Straße eben. »Straßenkötersoul«, so nannte die Gruppe das Genre und gemeint sind damit die Straßen von Köln, die ganz eigene, raue und undurchdringliche Musikwelt der Domstadt.

»Die Kölner Musikszene ist ein Klüngel. Jeder kennt jeden und ohne Kontakte kommt man schwer rein.« So beschreibt es Fleur Mouanga, wie sie mit bürgerlichem Namen heißt. Die Deutschafrikanerin, geboren in der ehemaligen DDR, wuchs mit ihrer Familie im Kongo auf und kam 1989, kurz vor dem Mauerfall nach Köln. »Musikalische Ambitionen hatte ich damals noch nicht. Der Kulturschock war groß, aber nach einiger Zeit habe ich in Köln Anschluss gefunden und begann mich sehr wohl zu fühlen.« Seinen Anfang nahm das Projekt Fleur Earth bei einer Open Mic Session in der Kölner Kneipe 501 im Jahr 2004. »Dort habe ich das erste Mal auf Soulbeats gesungen – und fühlte mich danach wie neu geboren. An diesem Abend lernte ich Lunte, Quo Vadis, Doctor Dondo L.A.H und Twit One kennen. Twit One gab mir seine Telefonnummer und lud mich zu einer Session ein. Ich rief ihn dann auch an und traf mich mit ihm. Er gab mir die ersten Soulbeats.«

»Die Texte entstehen einfach aus einem tiefen Gefühl, aus einem Impuls heraus. Ich versuche die Beats so auszusuchen, dass sie meine Emotion stützend untermalen.«

Fleur Earth
Später wurde das Fleur Earth Experiment (FEX) gegründet mit dem sie fortan vor allem live performte. Doch schon kurz nach dem Release des Debütalbums verließ der Schlagzeuger die Gruppe und das »Uhrwerk FEX« wollte nicht mehr so richtig laufen. Die Band löste sich auf und seitdem hat Fleur Earth unter anderem die Kollaboalben »Erdgeschoss« mit Suff Daddy und »Es entstehen Wesen« mit Twit One aufgenommen. Unter dem Pseudonym Forsch und Facette entstand im Jahr 2011 das gleichnamige Album in Zusammenarbeit mit dem Produzenten Quo Vadis. Für das jüngste Projekt von Fleur Earth, »Explosionsschutz-Kurzschluss«, kamen zum ersten Mal mehrere Produzenten auf einem Album zusammen. »Das wurde von Q-Cut und mir ins Leben gerufen. ›Kurzschluss‹ ist unsere erste Auskopplung und ich bin sehr stolz darauf. Ich arbeite stets mit mehreren Produzenten zusammen, aber leider kam das bislang leider nicht wirklich zur Geltung. Somit ist ›Explosionsschutz‹ ein schöner Neuanfang.«

Fleur Earths Texte sind eine weitere Besonderheit. Das einzige, was man über ihren polarisierenden Stil mit Sicherheit sagen kann, ist, dass niemand sonst so schreibt. Als »kryptisch« werden sie vielfach beschrieben. Mit einem Mix aus Sätzen und Ellipsen, Bildern und Metaphern schwebt ihre Stimme über den smoothen R&B-Sound. »Die Texte entstehen einfach aus einem tiefen Gefühl, aus einem Impuls heraus. Ich versuche die Beats so auszusuchen, dass sie meine Emotion stützend untermalen. So muss der/die Hörer/in nicht unbedingt Deutsch verstehen und kann, wenn er/sie sich darauf einlässt, sich abholen lassen.« Musikalischen Expressionismus nennt sie es selbst, eine nicht auf Anhieb durchdringbare und doch sehr präzise Art zu schreiben, einzig mit dem Ziel ein Gefühl sichtbar zu machen. Es ist etwas, das eben jeder fühlen können soll.