King Krule live am 1. April 2014 im Gebäude 9 in Köln

02.04.2014
Foto:© Christian Faustus
King Krule ist gekommen, um zu bleiben. Das machte sein Auftritt am 1.4. in Köln wieder deutlich. Doch muss man leider auch über etwas reden, von dem die Bezirksverwaltung des Kölner Stadteils Mülheim sagt: Das soll hier nicht bleiben.

Abriss. Ein Wort, das gerne fällt, wenn Menschen nach einem Konzert den energetischen Auftritt eines Künstlers loben. Am 1. April fiel das Wort Abriss schon vor dem Konzert. Mehrmals und überall. Es ging dabei allerdings nicht um Live-Auftritte, sondern um den Ort, an dem King Krule an diesem Abend auftreten würde: das Gebäude 9 im Kölner Stadtteil Mülheim. Seit einer guten Woche verbreitet sich nun die Nachricht, dass der traditionsreiche Veranstaltungsort einem Wohngebiet weichen soll. Mühlheim soll modernisiert werden. Man kennt das ja aus anderen Großstädten: Der Bagger kommt und macht aus Kunst, Kultur und Geschichte mal eben schicke Eigentumswohnungen und sterile Gewerbegebiete. Gebäude 9 und seine Verwandten weichen Projekten mit seelenlosen Namen wie in diesem Fall »Euroforum Nord«. Das kann einen ganz schön traurig machen, wütend machen muss es einen. Vor allem, wenn man mal erlebt hat, wie viel Seele in diesem Veranstaltungsort steckt. Es herrscht einfache eine spezielle Atmosphäre zwischen den alten Fabrikgebäuden mit ihren Fassaden aus Backstein und dem Gebäude 9 mit seinen Lichterketten und Bierbänken. An diesem Abend schenkte ein junger Mann dem Gebäude 9 schließlich noch eine Extraportion Seele: King Krule hatte Bock. Der Junge mit den langen Hemden, den kleinen Augen und dem Rotschopf hat nicht immer Bock. Die Kollegen vom Fader mussten neulich erleben dass Archy Marshall aka King Krule durchaus zu spätpubertierenden Diva mutieren kann und sich verweigert, irgendwelchen Erwartungen gerecht zu werden. Vielleicht lag es daran, dass dieser 1. April sein Tour-Auftakt war, jedenfalls steckte King Krule genau das in sein Live-Set, was seine Musik auszeichnet: Seine ganze Stimme mit all ihren Emotionen. Einmal spuckte er versehentlich auf den Boden, als er mit wutverzerrtem Gesicht Abschätziges über irgendeine Ex von sich gab. Für den nächsten Song vergrub er sich mit geschlossenen Augen im Mikrofon, bevor sie im nächsten Moment leer über das Publikum schweiften. Unverschämtes Charisma der Bengel. Ein Bengel bleibt er dennoch. Es war immer wieder zu spüren, dass Archy unbedingt etwas Besonderes sein will, über der Norm stehen will. Wenn er so über die Bühne ›tanzt‹, dann tanzt er nicht richtig, lässt nicht wirklich los, beobachtet sich selbst, immer in dem Versuch nonchalant zu wirken. Auch versucht er erst gar nicht, Kontakt mit dem Publikum herzustellen. Die kurzen Pausen zwischen Songs nutzte er, um Nicht-Informationen von sich zu geben: »The next song is about reptiles.« Doch Künstler von Krules Format können sich das eben erlauben. Weil sie nicht mehr brauchen als ihre Kunst, um mitzureißen. Und das Publikum ließ sich mitreißen. Es war deutlich spürbar, dass viele wussten, dass sie hier im Gebäude 9 einen außergewöhnlichen Künstler sahen. King Krule ist ein Großer. Er wird stehen bleiben. Noch eine ganze Weile, im Kreis der spannensten Musiker der Gegenwart. Dieser Abend war ein weiteres Argument dafür, dass auch das Gebäude 9 stehen bleiben sollte.