Neben der Spur mit… – Shabazz Palaces

27.11.2014
Wir begeben uns mit einem Künstler neben die Spur. Abseits von Ton- und Filmspuren bekommt er von uns den Raum, über eine Leidenschaft zu sprechen, die (auf den ersten Blick) nichts mit seinem eigenen Schaffen zu tun hat.

Ishmael Butler hat sich, wenn man ihm glaubt, mal in einer Dönerbude in Berlin mit einem Alien unterhalten. Erst habe er Angst gehabt, dann aber habe das Alien so etwas wie »xeeulis« gesagt und er habe sich so geborgen wie noch nie gefühlt. Darauf hin habe sich das Mastermind hinter Shabazz Palaces eine gute Stunde mit dem Alien unterhalten. Leider könne er sich kaum noch an den Gesprächsinhalt erinnern. Nur eines weiß Ishmael Butler noch: Das Alien habe gesagt, dass Kanye West der größte Künstler in der Geschichte der Menschheit sei. Das alles erzählte Ishmael Butler 2011 Pitchfork Drei Jahre später hat er gemeinsam mit seinem Freund Tendai Maraire das zweite Album als Shabazz Palaces veröffentlicht. »Lese Majesty« heißt das Stück und zählt zu den erstaunlichsten Rap-Alben des Jahres, wenn nicht des letzten Jahrzehnts. Das Überirdische ist auch auf dem Album Thema.

Scheinbar körperlos driftet Ishmael Butlers Stimme über die Beats, blickt auf die Erde, dann geradeaus in die Sterne, dann wieder irgendwo hin, in eine Gegend, die keinen Namen hat. Wir trafen die beiden Musiker von Shabazz Palaces aus Seattle, Washington um ihnen ein paar Fragen mehr zu ihrem Verhältnis zum Weltraum stellen. Man muss dazu sagen: Leider war der Kopf der beiden nach ihrem ausführlichen Konzert in Köln nicht gerade in den Sternen, sondern eher schon im Kopfkissen bzw. in ihren Smartphones. Ein paar Gedanken haben wir den müden Rap-Astronauten trotzdem entlocken können.

Das erste Mal, dass sie realisiert haben, dass es so etwas wie den Weltraum gibt.
Tendai Maraire: Für mich war das, als 1984 das Raumschiff in Florida explodierte. Ich war noch in der Grundschule. Teacher In Space, so hieß das Projekt. Davor wusste ich nicht, was der Weltraum sein sollte.
Ishmael Butler: Für mich war es der Cartoon »The Great Space Coaster« Im Intro hatten diese Typen so eine Achterbahn; also es war nur der Wagen aus einer Achterbahn und der flog im Weltraum herum. Es war animiert. Das war mein Konzept vom Weltraum: Einfach ein Raum, in dem man herumfliegen kann. Als Kind wusste man schon immer, dass da oben zero gravity herrscht. Ich habe Weltraum also immer damit assoziert, einfach herumzuschweben.

Die erste Begegnung mit den Sternen.
Ishmael Butler: Einer der ersten Songs, die jeder kennt ist »twinkle, twinkle, little star«. Es gibt ihn in vielen verschiedenen Sprachen. Für mich war es die Zeile »up above the world so high«; damals habe ich das erste Mal über die Sterne nachgedacht. Zu den Sternen zu gucken, ist wie in den Ozean zu schauen: Ich realisiere, dass ich kein Verständnis von irgendetwas habe, das abgeht. Sei es, welches Material es dort gibt, oder wie die Atmosphäre dort ist. Die Idee von Endlosigkeit fällt mir schwer zu verstehen. Es ist wie ein Enigma.

»Es bedeutet der Konversation, die das Universum immer führt, Aufmerksamkeit zu schenken.«

Ishmael Butler
Ihre heutige Vorstellung vom Weltraum.
Tendai Maraire: Für mich ist der Weltraum heute einfach nur die Möglichkeit, zu tun, was auch immer man tun will: Die Gedanken erweitern und auch die Dinge, an die man glaubt. Man hat so viel Raum, das zu tun, was man tun möchte, zu denken, was man denken möchte. Es gibt keine Grenzen. Du füllst den Raum – physisch, mental, alles.
Ishmael Butler: Ein Konzept von unermesslicher Weite, unentdecktes Territorium, das zur Verfügung steht und Potential hat.

Raum: ein spirituelles oder körperliches Phänomen?
Ishmael Butler: Ich glaube, dass, wegen des Bewusstseins, alles durch deinen Körper fließen kann. Weißt du, du und der Weltraum, Luft, Wasser, all diese Dinge sind dasselbe. Du atmest Luft, bist voller Wasser und wenn du stirbst, gehst duunter die Erde. Es ist alles dasselbe.

Was Ishmael Butler damit meint, wenn er sich selbst als »starry« bezeichnet.
Ishmael Butler: Es bedeutet für mich, mit Dingen beschäftigt zu sein, die nicht in meiner direkten Gegenwart passieren. Also tagträumen, denken und sich Dinge vorstellen. In einer Fantasiewelt leben. Es bedeutet der Konversation, die das Universum immer führt, Aufmerksamkeit zu schenken. Und nicht einen westlichen Rahmen um den Geist zu haben, in dem es nur um dich als Individuum geht.

Wie sie die Wendung »Space Is The Place« interpretieren.
Tendai Maraire: Nichts muss ein definitives Resultat haben. Oder einen Namen. Eher als etwas vorherzusagen, könnten wir im Jetzt leben, auf dessen Rand, es wie eine Wellte reitend.
Ishmael Butler: Wissen, dass es etwas anderes gibt.

Was die beiden retten würden, wenn sie als moderne Noahs in einem Raumschiff Teile der Welt in den Weltraum bergen müssten.
Tendai Maraire: Alles! Die Erde ist ein positiver Platz. Darüber nachzudenken, Dinge hier zu lassen, würde bedeuten, an mich selbst zu denken.