Ausklang | New Music Friday – Neue Musik von Kendrick Lamar, Wiley, Kassem Mossem u.v.m

Woche für Woche picken wir Tracks, die uns in den vorausgegangenen sieben Tagen nicht aus dem Kopf gehen wollten, deren Release auf den heutigen Tag fällt oder einem anderen Pseudogrund unterliegen. It’s new music, Jodi Foster!
»I« by Kendrick Lamar
Dieser Song steht hier nicht, weil er hier jemanden vom Hocker gehauen hat. Sondern, weil wir so einen neuen Track von K.Dot nicht einfach unkommentiert vorbei gehen lassen wollen, vor allem jetzt nicht, da Kendrick die Isley Brothers für sich entdeckt hat. Kollege Aigner meinte, Kendrick Lamar klinge wie eine 12jährige Jodi Foster, die einen Igel geschluckt hat. Das Stimmt. Mehr noch finde ich, dass Kendrick Lamar klingt wie Eminem, nachdem der das erste mal von Schlaftabletten aufgedunsen in spärlich eingerichteten Räumen, neben Kleenex-Packungen, mit Jalousien die Mittagssonne draußen gehalten hat. Das hält Kendrick Lamar nicht davon ab, sich selbst ganz doll lieb zu haben. Und das ist eine wunderschöne Botschaft an alle da draußen mit chronischem Frosch im Hals, dauerhaft belegten Stimmbändern, oder Igel im Rachen: macht nix, habt euch einfach selber lieb! PK
»Multistability Movement (Aphex Twin Genius Child Mix)« by Mark Herndon & Holly Fell
Wir bleiben bei Unsinn und präsentieren die schönste Nichtmusik der Woche. Die Mär hinter diesem Track geht so, dass Aphex Twin in einem Interview mit dem Rolling Stone erzählte, dass sein 8-jähriger Sohn Musik mache, die klinge wie eine Mischung aus Mark Fell und Holly Herndon. Also wurden einfach mal Mark Fell’s »Multistability« von Holly Herndon’s »Movement« übereinandergelegt und schwupps, haben wir einen Eindruck davon, was für Musik Aphex Twins Kinder machen. SH
»On A Level« by Wiley
taken from his new album »Snakes & Ladders«, out soon on Big Dada
Ich verrate an dieser Stelle schon mal mein Lieblingsvideo 2014. Es ist das da Dizzee Rascal, BBK, Lethal Bizzle, Tempa T, Fekky, Footsie und General Levy haben offenbar ganze Tankkanister leergesoffen und reißen daraufhin dermaßen die Hütte ab, dass dagegen jede Faschingsveranstaltung wie eine Tagung bibeltreuer Christen wirkt. Wileys »On A Level« ist der erste Grime-Track, den ich seit dem Stierkampf im Radiostudio gehört habe. Und Wiley wäre nicht Wiley, wenn er das Energielevel nicht komplett aufrecht erhalten würde. PK
»Untitled« by Kassem Mossem
taken from the 12" »Workshop 19«, out on Workshop
Manchmal reichen 10 Sekunden, um zu überzeugen. Mehr braucht Kassem Mossem nicht. Das ist ein Stück weit Verweigerung vor den Regeln der House Music-Kunst. Immer wenn die Musik fahrt aufnimmt, kommt halt einer der Partygäste an den Tonarm, während einem anderen deiner Freunde die Zigarettenasche ins Fondue fällt. Manchen Freunden gibt man ein Kassem Mossem’chen. SH
»The Who’s Who Of Who Cares« by Museum Of Love
taken from their self-titled debut album, due out October 14th on DFA Records
*find it at hhv.de on LP and LP+CD DFAs Pat Mahoney trifft DFAs Dennis McNany und es klingt als hätten sich In Flagranti und New Order getroffen. Ein Dance-Groove treibt die verhuschten Vocals durch die Gassen und die Bläser blasen den Song dann endgültig in Regionen meines Gehirns, in der Dinge mehr als 14 Tage gespeichert werden könnten. Auf »The Who’s Who Of Who Cares« kommt richtig was zusammen wie bei simultanen Höhepunkten im Bett. PK
»The Citizen« by Gravenhurst
taken from »Offerings: Lost Songs 2000 – 2004«, out in December on Warp Recors
2004 ist Mark Talabot mit seinem Projekt Gravenhurst in die Phalanx der elektronischen Musik eingebrochen und hat Warp Records für Gitarrentöne geöffnet. Was so manchem Reinheitsgebot widersprach, zeigte sich zwei, drei Bier später als kluger Schachzug in Sachen Qualitätssteigerung. Denn die beiden frühen Veröffentlichungen »Flashlight Season« und »Blackhole In The Sun« sind herausragende Werke. Beide werden im Dezember wiederveröffentlicht. Daneben wird es mit »Offerings: Lost Songs 2000 – 2004« eine Zusammenstellung unveröffentlichter Songs aus genau dieser Zeit geben. »Citizen« ist ein Vorbote daraus. SH
»Really« by The Game feat. Yo Gotti, 2 Chainz, T.I. & Soulja Boy
taken from The Game’s new album »Year Of The Wolf«, due out October 14th on eOne Music
Irgendwer sollte The Game jetzt dringend eine Serviette reichen. Der zerfleischt mit seiner letzten Strophe nämlich einen ausgewachsenen Elch und hat mal wieder vergessen sich danach den Mund abzuputzen. Während The Game einsam am Ende einer Tafel in Knochen beißt, sitzen im Gegensatz zu ihm Yo Gotti, 2 Chainz und T.I am Kindertisch und essen Kartoffelbrei. Ich würde jetzt noch mehr Gutes über diesen Track sagen, habe aber Kartoffelbrei gelesen (ich habe es ja selbst geschrieben!) und ich kann keinen Song der Welt mehr feiern, als ich Kartoffelbrei feire. PK
»Roteano« by Andrea Belfi
taken from »Natura Morta«, due out November 17 on Miasmah
So ein Groove entäußert sich ja normalerweise, will nach draußen, explodieren, Energie frei machen. Nicht so bei dem italienischen Schlagzeuger Andrea Belfi. Dessen Grooves kriechen in dich hinein, unaufhaltsam wabernd, fremd und faszinierend. Kann man hier nachhören. SH