New Record Labels – Cultures Of Soul, Riverette, Soul Has No Tempo und Sonor Music Editions

Jeden Monat stellen wir euch Labels vor, die neu bei uns im Shop vertreten sind und/oder deren Entdeckung sich lohnt. Die Auserwählten diesmal: Cultures Of Soul, Riverette, Soul Has No Tempo und Sonor Music Editions.
Cultures Of Soul ist ein 2010 von Deano Sounds gegründetes, US-amerikanisches Plattenlabel aus Boston. Wie so viele auf Reissues spezialisierte Labels der jüngeren Generation stand am Anfang von Cultures Of Soul eine Radiosendung. Den Traum, eines Tages sein eigenes Label zu gründen, trug Deano Sounds aber schon viel länger mit sich herum. »Es hat mich einfach nur eine Menge Zeit gekostet, die Musik zu finden, von der ich denke, dass sie würdig ist, neu aufgelegt zu werden«, erklärt er und skizziert nebenbei noch seine Philosophie: »Ich will die interessanteste Musik des Planeten herausbringen, die nie zuvor gehört wurde – und außerdem noch auf dem Dancefloor funktioniert!«_

Darunter tummeln sich dem Namen entsprechend viele Soul-45s, aber auch umfangreiche Compilations. Mit denen legt Cultures Of Soul ein sehr spezifisches Augenmerk auf regionale Musik abseits der westlichen Narrative. Brasilianischer Boogie aus den späten 1970er Jahren trifft auf Bollywood-Soundtracks aus den frühen Achtzigern oder Synthesizer-getriebene Disco-Sounds aus Südafrika. Eine bewusste Entscheidung? »Definitiv«, bekräftigt Deano Sounds. »Für mich ist die Musik am interessantesten, in welcher verschiedene Stile und Kulturen zu einer Art Wechselwirkung kommen.« So wie etwa klassische Call-and-Response-Muster aus Gospel und Blues, die ihre Wurzeln auf dem afrikanischen Kontinent haben, erklärt der DJ.

Das Gros seiner Arbeitszeit verbringt der DJ mit Detektivspielen. Denn bevor so eine Compilation zusammengetragen, gemastert und pressfertig gemacht werden kann, müssen die Rechte abgeklärt werden. Für eine Sammlung mit Crossover-Songs zwischen Gospel und Disco arbeitete er etwa mit dem »Vinyl-Archäologen« Greg Belson zusammen. Die beiden schrieben an einer gemeinsamen Wunschliste, dann machte sich Deano Sounds daran, die Künstlerinnen und Künstler aufzutreiben – keine leichte Aufgabe, schließlich waren die meisten der Labels bereits geschlossen oder aber es handelte sich um obskure Privatpressungen. Jede Menge Mühe also, um die beste ungehörte Musik des Planeten wieder auf Vinyl zu bringen. KC

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Riverette ist ein 2014 vom Produzententeam Dos Attack gegründetes, spanisches Plattenlabel aus Madrid. Bevor Carlos und Andres ihr Label für roughe, verträumte Clubmusik gründeten, sponnen sie schon als Teenager vage Pläne. »In dem Alter willst du einfach ein Teil von dem sein, was für dich das Coolste auf der Welt ist«, heißt es. »Wir sind da sicherlich noch nicht rausgewachsen. Tatsächlich ist das mit der Zeit eher schlimmer geworden. Unser Ziel war immer ebenso naiv wie ambitioniert: Geile Platten veröffentlichen, komme was wolle!« Die geilen Platten von Riverette pendeln sich zwischen House und Techno mit rauem Analog-Feeling ein. Wichtiger aber als Klassifizierungsmöglichkeiten sind für die beiden das Verhältnis zu den Menschen hinter der Musik. »Natürlich aber fragen wir uns: ›Ist das hier generisch?‹ Wenn die Antwort ›Ja‹ lautet, bringen wir es eben nicht heraus. Es kann gerne Genre-Musik sein – nur eben keine generische.«

Die erste Riverette-Katalognummer kam sogar vom König der ungenerischen Genre-Musik: Legowelt. »In einem gewissen Sinne war Legowelt so etwas wie unser weißer Wal. Als wir das Label Riverette planten, erwähnten wir ihn immer im selben Atemzug.« Über das Internet kam ein Kontakt zustande, Dos Attack schmissen bald gemeinsame Party mit dem niederländischen Synthie-Kauz. »Er ist der vermutliche gechillteste, bescheidenste Kerl dieser ganzen Szene und sein Output unglaublich.« Besonders war für das Duo auch, dass sie ihren ersten eigenen Track auf Riverette auf einer Split mit Legowelt unterbringen konnten. Obwohl sich die beiden Produzenten als ziemlich unterschiedliche Charaktere beschreiben, kleben sie seit Jahren zusammen. »Wir haben da so eine Art Altes-Ehepaar-Vibe am Start«, heißt es nüchtern zu der Symbiose aus Arbeit und Leben, mit der die beiden in ihrer Heimat etwas allein dastehen, wie sie sagen. Das erklärt vielleicht auch, warum das Riverette bisher neben Dos Attack und Skygaze nur wenige regionale Acts in seinem Backkatalog versammelt. »Es ist eben so eine Wir-gegen-die-Welt-Situation.« KC

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Soul Has No Tempo ist ein 2013 von Ali Tomoana und Gavin Boyd gegründetes australisches Label aus Brisbane. Mit bisher nur drei Releases hat sich Soul Has No Tempo zu einem der spannendsten Plattenlabels Australiens gemausert. Dabei sollte Soul Has No Tempo ursprünglich einfach ein Podcast werden, eine Plattform, um »musikalische Entdeckungen in einem wöchentlichen Live-Mix vorzustellen«, erinnern sich Ali Tomoana und Gavin Boyd heute. Das änderte sich, als die beiden auf Jordan Rakei trafen. Das Neo-Soul-Wunderkind ist heute nicht aus Soul Has No Tempo wegzudenken. Schließlich veranlasste das »unglaubliche lokale Talent«_ das Duo 2013 nicht nur eine Künstleragentur aus dem Boden zu stampfen, sondern 2014 auch seine erste EP »Groove Curse« herauszubringen: »[Jordan Rakei] schickte damals haufenweise Demos herum. Wir machten aus der Musik eine wirklich besondere EP, die auch zweifelsohne ein Vinyl-Release verdiente, allein um den Moment festzuhalten«.

Nach der Veröffentlichung von der EP 2014 kam von dem Label erst einmal ein Jahr lang gar nichts, denn man wollte sich die Zeit nehmen, das Projekt richtig anzugehen. Erst mit dem zweiten Release, Jordan Rakeis Debüt-Album »Cloak« wurde der Schritt zum Label perfekt. Die Platte wurde zum Erfolg und das Label machte schnell klar, dass es mehr als nur eine Eintagsfliege ist. Mittlerweile haben Soul Has No Tempo das dritte Release herausgebracht – das Debüt-Album des jungen Producers Sampology – doch schon an der niedrigen Frequenz der Releases merkt man, dass Boyd und Tomoana nicht einfach nur Musik raushauen wollen, die sich gut verkaufen lässt: sie möchten (lokale) Künstler unterstützen, ihnen Raum geben, sich zu entwickeln und eben nur die Musik zu veröffentlichen, die sie selber »umhaut«.

Am liebsten veröffentlicht Soul Has No Tempo auf Vinyl, auch wenn Boyd und Tomoana zugeben, dass »das Format 2016 nicht so wichtig ist«. Allerdings sammeln die beiden seit Jahren selbst Platten und selbstverständlich wollen sie die Musik ihres Labels auch selber besitzen. »Wir schätzen das physische Format und die nostalgischen Gefühle die bei Platten mitschwingen«, weshalb der visuelle Part von Soul Has No Tempo stets auch von spannenden Künstlern übernommen wird. Mit ihren einmaligen Artworks, den »homegrown« Talenten und natürlich der faszinierend vielfältigen Musik, die dem Labelnamen Soul Has No Tempo alle Ehre macht, werden Boyd und Tomoana zweifelsfrei ihrem Anspruch gerecht, »mit jedem Release ein Gesamtkunstwerk zu erstellen, bei dem wir alle stolz sind, mitgemacht zu haben«. NF

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Sonor Music Editions ist ein 2012 von Lorenzo Fabrizi gegründetes, italienisches Plattenlabel aus Rom. Dem Label gingen andere Projekte voraus, die sich auf bestimmte Genres spezialisiert hatten: Armagiddon Times etwa legte einen Fokus auf Punk-Musik und über Synthetic Shadows erschienen Reissues von Post-Punk- und Minimal Synth-Platten. Sonor Music Editions ist aber eine ganz andere Angelegenheit, betont Labelmanager Andrea Galtieri. »Wenn du dir Tracks von Alessandro Alessandroni, Piero Umiliani oder Mario Molino heute anhörst, magst du kaum glauben, dass diese in einer bestimmten Zeit komponiert wurden, weil sie auch heute noch so frisch klingen«, sagt er. »Das macht italienische Library Music so einzigartig.« Die regionale Beschränkung des Reissue-Labels stellt aber kein Hindernis für Sonor Music Editions dar. Das Team hat mittlerweile ein Archiv von über 5.000 Releases angesammelt, welches gemeinsam mit dem Katalog – einer Auswahl von absoluten Lieblingen – anwächst. »Unser Motto lautet ›Spin locally, push globally‹«, erklärt Galtieri. »Wir sind immer auf der Suche nach Platten, die überall auf der Welt funktionieren.«_

Die archäologische Arbeit ist ein Full-Time-Job, gibt Gatieri zu. Denn Sonor Music Editions nehmen es extrem genau. »Es braucht zwei Dinge: Hingabe und Wissen. Jedes einzelne unserer Releases ist rechtlich lizenziert und urheberrechtlich geklärt. Wir haben mit illegalen Pressungen und Bootlegs nichts am Hut. Wir wollen die Künstlerinnen und Künstler unterstützen, weshalb volle Transparenz für uns wichtig ist.« Das erstreckt sich auch auf den Produktionsprozess der kuriosen Alben, die spielerisch zwischen Stühlen entlang ihre ganz eigene Nische selbst innerhalb der Library-Music-Szene gefunden haben. Jedes einzelne Stück wird in Italien entworfen und von den ursprünglichen Master-Tapes aus produziert. Sämtliche Sonor Music Editions-Releases sind limitiert auf 500 Stück. »Wir wollen, dass die Leute eine einzigartige Platte kaufen können, so wie das in den 1970er Jahren möglich war.« Sammlerbedürfnisse sollen aber nicht an erster Stelle stehen. Andere Labels würden sich auf Platten versteifen, die in einschlägigen Kreisen einen gewissen Bekanntheitsgrad hätten, meint Galtieri. »Die Leute sagen immer noch: ›Wow, was ist das?‹«, sagt er. Anlässe zum Staunen wird es wohl noch mehr geben: Der Stehsatz ist schließlich enorm. KC

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