Review

Acid Pauli

MOD

Ouie | • 2020

Als Console brachte er mit seinem Hit »15 Zero, Zero« einst das Genre Electro in Deutschland in die Charts, für die Weilheimer Hybridrocker The Notwist stand er fast zwei Jahrzehnte an den Tasten, und als Acid Pauli macht er sich seinen eigenen Reim auf Clubmusik. Mit Vielseitigkeit hat Martin Gretschmann keine Probleme. Jetzt hat er sein Acid Pauli-Alias für eine noch einmal ganz andere Aufgabe bemüht. Synthesizer fordern diesmal weniger zum Tanzen als zum Lauschen, Driften, Sich-Versenken oder Trippen. Mit modularen Synthesizern ausgestattet, erkundet Gretschmann die zahlreichen Möglichkeiten der Kabelsteckverbindungen dieser gern ausladenden Gerätschaften – genaugenommen ist die Hinwendung zu diesen großen Kisten oder Regalwänden ein Hardware-Protest gegen den Lifestyle des reduce to the max. In der Musik hatte man das im Übrigen schon seit Mitte der Neunziger mit den Laptops vorexerziert. Auf »MOD« zeigt sich dafür ein weiteres Mal, dass mehr (Instrumentenmasse) bei modularen Systemen oft auf weniger (Klangmasse) hinausläuft. Die Patterns von Gretschmann sind sparsam, ein rudimentärer Bass legt bei Bedarf das Fundament, Perkussion beschränkt sich allenfalls auf sanftes Klicken, dazwischen pulsartige Töne, angedeutet wabernde Akkorde. Im letzten Stück »No Kick, No Cry« bleibt von den Frequenzen bloß Fiepen und Rauschen im fast freien Dialog, aus dem irgendwann wieder zarte Melodien und Harmonien herauswachsen. Gefühle dürfen schließlich sein.

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Acid Pauli
Mod
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