Review

Adrian Younge, Ali Shaheed Muhammad & Doug Carn

Jazz Is Dead 005

Jazz Is Dead • 2021

Jazz sei tot, heißt es immer wieder. Dass es sich dabei ebenso wie bei Fahrrädern oder Vinylscheiben verhält, erklären selbst radiohörende HiWis in den Musikwissenschaften immer wieder mit rollenden Augen. Als Adrian Younge und Ali Shaheed Muhammad letztes Jahr mit Jazz Is Dead ein Label plus eine Reihe neuer Dialoge zwischen Urgesteinen und dem experimentierwütigen Nachwuchs ins Leben riefen, war der Titel deshalb mehr Ironiemittelfinger als face value, denn: Tot ist hier natürlich gar nichts. Davon können Younge und Muhammad ihre ganz eigenen Liedchen anstimmen. Beide kommen aus dem US-amerikanischen Hip-Hop-Milieu und haben langjährige Samplingexpertise. Beide können auf einen Output zurückblicken, der neben Rap auch R&B, Soul und Funk umfasst. Beide haben schon für Kendrick Lamar, Souls Of Mischief oder Kaliber wie Ghostface Killah und Raphael Saadiq produziert. Kurz: Wenn sich jemand erlauben kann, Jazz von der Westküste her aufzumischen, dann dieses Duo. Der nunmehr fünfte Teil der »Jazz Is Dead«-Serie setzt diesbezüglich den vorigen noch eine Kirsche auf, konnte man nach Roy Ayers Marcos Valle und Azymuth nun doch tatsächlich auch Doug Carn für ein paar Sessions gewinnen. Doug Carn produzierte in den frühen 1970ern zusammen mit seiner Frau Jean Spiritual Jazz, der selbst den Coltranes alle Socken auszog – und den bis heute trotzdem kaum ein Schwein kennt. Zwischen den brillanten Drums von Malachi Morehead lässt er hier bernsteinfarbene Hammond B3-Spitzen durchschimmern, punktgenau beantwortet von Younge und Muhammad an Bass und Fender Rhodes. Gary Bartz und Shai Golan sind auch am Start und lassen gleich in mehreren Setups das Alt singen. Also kein Schnickschnack hier, nur uncut gems.