Review

Shame

Drunk Tank Pink

Dead Oceans • 2021

»Now what you see is what you get / I still don’t know the alphabet / Don’t forget your P’s and Q’s / Please smile when we tell you to«, lauten die ersten verstörenden Zeilen auf »Drunk Tank Pink«. Damit schließen Shame zumindest inhaltlich nahtlos an ihr Debütalbum von vor drei Jahren an. Charlie Steens Vortrag erinnert an den von Idles’ Joe Talbot. Mit einer Mischung aus Sprechen, Schreien und kehligem Gesang lässt der Brite raus, was raus muss. Prollig wirkt das in keiner Sekunde. Stattdessen kehrt der von Psychosen geplagte Steen sein Innerstes ungeschönt nach außen: »I represent everything that I hate.« Verglichen mit dem Vorgänger »Songs of Praise« klingen Shame hier deutlich ruppiger. Das raue Niveau von der 2017er Single »Concrete“ erreicht abgesehen vom Schmusestück »Human, for a Minute« mindestens jedes Lied auf »Drunk Tank Pink«. Bollerndes Schlagzeug und dröhnende E-Gitarren – in »Harsh Degrees« gipfelt das in einer Sinfonie aus Übersteuerungen. Wer hinter die unwiderstehlichen Wände aus Krach blickt, entdeckt aber auch die Detailfülle ihrer alten Post-Rock-Stück wieder. Tempowechsel, durchdachte Arrangements und streberhafte Gitarrenarbeit zeugen von der einen oder anderen Überstunde im Proberaum. »I need a new resolution and it’s not even the end of the year«, heißt es in »Station Wagon«. »Drunk Tank Pink« passt in diese Zeit. Kurz schimpfen, auf den Boden spucken und weiterkämpfen.