Review

Kohsuke Mine

First

BBE Records • 2021

Der Stellenwert von Jazz in Japan war riesig seit dem Abzug der amerikanischen Truppen im Jahr 1952. Wo die anderen Länder den Rock’n’Roll feierten und später zu den Beatles kreischten, huldigten die Japaner Horace Silver oder Art Blakey. Sie wollten sich kleiden wie ihre amerikanischen Vorbilder, sie wollten klingen wie sie. Spätestens ab Ende der 1960er Jahre waren sie soweit. In ihrer J Jazz Masterclass Series hat das britische Label BBE Records in den letzten Jahren die Entwicklung seither in einigen Compilations und Reissues nachgezeichnet. Doch mit »First«, dem Debüt des Saxophonisten Kohsuke Mine aus dem Jahr 1970, haben sie jetzt einen weiteren Höhepunkt dieser Zeit veröffentlichen können. Erstmals seit dem Original wieder auf Vinyl. Das Quartett – neben Kōsuke Mine der Pianist Masabumi Kikuchi sowie die Amerikaner Larry Ridley und Lenny McBrowne an Bass und Schlagzeug – ist vom ersten Moment voll da. »Morning Tide« lässt die zunächst aufbrausenden Klangwellen dann über elf Minuten verebben. Die Musiker dürfen zeigen was sie können: laut, leise, dynamisch, statisch, alleine und im Kollektiv. Handwerklich sowieso über allem erhaben. »Love Talken« hält das Tempo durchweg hoch. Mit »Straight No Chaser« interpretieren sie eine bekannte Nummer von Thelonious Monk bei der Masabumi Kikuchi seine Virtuosität zeigen kann. »McPhee« erinnert im Titel an den Saxophonisten Joe McPhee. Das Stück ist von Larry Ridley geschrieben, der selbst mit Monk, Horace Silver oder Donald Byrd spielte. Die Platte, so wird spätestens hier klar, lebt nicht von der Innovation, sondern von der perfekten Imitation. Auch wenn »Little Abibi« mit seinen flirrenden E-Piano-Tönen schon in die Fusion-Richtung schielt, sind bis zuletzt auf »Barl L Len« Hard bop und Modal Jazz die bestimmenden Parameter.