Review

The Specials

Protest Songs 1924-2012

Island • 2021

Persönliches Bekenntnis: 2019, als Wörter wie »Lockdown« noch nicht zum eigenen aktiven Wortschatz gehörten, war das Konzert des Jahres der Auftritt der Specials in Berlin. Selbst wenn Jerry Dammers lange schon nicht mehr an den Tasten mitspielt, war die Energie der alten Songs („Man at C & A“, „Nite Club“ …) noch erstaunlich entwaffend. Dann änderte sich einiges im Musikgeschäft, auch The Specials, die auf ihrer Tour ihr neues Album »Encore« im Gepäck hatten, wurden von der Pandemie heftig erwischt. Sie haben die Zwangspause für Nachforschungen zu Protestliedern aus den vergangenen 100 Jahren genutzt. Ihre zwölf ausgewählten Nummern auf »Protest Songs 1924 – 2012« reichen von bekannteren Nummern wie »Get Up, Stand Up« von Bob Marley, »Everybody Knows« von Leonard Cohen oder dem stillen »Listening Wind« der Talking Heads bis zu verscholleneren musikalischen Empörungen, »Black, Brown and White« des Blues-Sängers Big Bill Broonzy von 1938, »Freedom Highway« der Staple Singers oder der Rhythm & Blues-Song »My Next Door Neighbor« von Jerry McCain and His Upstarts gehören dazu. Als neuesten Beitrag wählten sie »Fuck All the Perfect People« von Chip Taylor & The New Ukrainians, »Ain’t Going to Let Nobody Turn Us Around« der Dixie Jubilee Singers ist der älteste Song. Von der gebündelten Wut, die sie früher mit ihren Ska-Rhythmen in Tanzbewegungen umleiteten, ist nichts mehr zu hören. Hier klingen sie bedächtig, mitunter so sparsam besetzt wie eine Folk-Soul-Band. Die Wut ist nach innen gewandert. Doch man merkt sie weiterhin.