Review

Leo Nocentelli

Another Side

Light In The Attic • 2021

Es ist eine Geschichte, die einen an Schicksal glauben lässt: Zwischen 1970 und 1972 nimmt [Leo Nocentelli](https://www.hhv-mag.com/de/glossareintrag/6892/leo-nocentelli,) damals Gitarrist der Funk Band The Meters, ein Solo-Projekt in New Orleans auf. Zu beschäftigt mit seiner Arbeit mit The Meters, verstaut Nocentelli die Aufnahmen in einem Studio eines Freunds. Dort verstauben die Bänder, bis sie 2005 vor den Fluten des Hurricane Katrina gerettet und nach Kalifornien gebracht werden. Dann, es ist schon 2008, gelangen die zehn Tracks über eine Blind Auction zu einem Swap-Meet in die Hände eines Sammlers, der Leo Nocentelli über seinen Fund informiert. Nun, fünfzig Jahre später, scheint es so, als hätte das Schicksal uns dieses Fundstück bewahren wollen. Nocentelli nennt es sein »country-an-western-album«, das sich von dem energetischen Funk von The Meters hin zu erdigem Folk entfernt. Die warmen Melodien ergänzen sein geradliniges Storytelling mit emotionaler Transparenz nur zu gut, welche Nocentellis Suche nach Sinn in allen möglichen Lebensbereichen, von Spiritualität über Liebe hin zu Leistungsdruck, durchdringt. Lyrisch verschnörkelte Zeilen bleiben aus, dafür liegt der Anmut der Songs in der Simplizität, mit welcher Nocentelli universelle Narrative so überzeugend empathisch transportieren kann. Dafür begibt sich Nocentelli wie bei »Pretty Mittie« beispielsweise in die Rolle eines Bauern, der von einem aufregenden Leben in der Großstadt träumt. Bei aller emotionalen Aufrichtigkeit und dem behaglichen Sound, den »Another Side« ausstrahlt, kann man nur froh sein, dass die außergewöhnliche Reise des Albums kein zu schnelles Ende gefunden hat.