Review

Die Doraus & die Marinas

Blumen und Narzissen (Re-Release)

Bureau B • 2012

Das im Sommer 2011 erschienene Andreas-Dorau-Album »Todesmelodien« verblüffte durch viele »handgemachte« Sounds. Zumindest im Vergleich zu Doraus Elektropop aus den 1990er Jahren, wo Gitarrenlicks, Disco-HiHats und oft auch die Refrains (»Girls In Love«) nur als Samples zum Einsatz kamen. Stattdessen vernahm man bspw. in »Größenwahn« Posaunen, verstimmte Klaviere und beherzt-schiefe Chöre, wie man sie seit den Jugendwerken des Neue-Deutsche-Welle-Pioniers nicht mehr gehört hatte. Da war es stimmig, dass sich der 47-jährige fürs »Größenwahn«-MP3-Cover in der gleichen Passbild-Pose ablichten liess wie drei Dekaden zuvor für »Blumen und Narzissen«. So hieß die Debüt-LP von Die Doraus & die Marinas (zu den Doraus zählten neben Andreas drei weitere Adoleszenten; unter den vier singenden Marinas war keine über 15), das Album zum Hit »Fred vom Jupiter«, mit dem die NDW begann. Anders als bei der geträllerten Fabel vom notlandenden Ufopiloten sind die frohlockenden Backfischstimmen der Marinas fast nur im Hintergrund zu hören, prägen aber die Hommage an Kater »Ernst« ebenso wie sie der durchkonjugierten Ska-Nummer »Lokomotivführer« Druck verleihen. Während also im beliebten Singalong-Song die Stimme Doraus (in der Rolle des begehrten Außerirdischen) erst in der letzten Minute zu hören ist, übernimmt sie bei den übrigen den Leadgesang. Und da nahm sich der 17-jährige in der Phrasierung und der Intonation Freiheiten heraus, die »Blumen und Narzissen« klar in den Postpunk-Kontext stellen: Disco-Bässe treffen hier auf wacklige Drumbreaks, zackige Bläsersätze auf Dub-Experimente und genial-lakonische Jugendlyrik (»Ich sitz hier im Keller und hab nur die Blumen«). Ein Stück wie »Nordsee« zeigt aber auch Doraus kontemplative Seite. Während seiner jüngsten Tournee erklang es immer wieder im Zugabenteil!