Review

Tracy Marrow (Ice-T) & Andy Baybutt

»Something From Nothing: The Art of Rap«

UCI • 2012

Wenn Ice-T aus dem Off versichert, dass man etwas besonderes tun müsse, um auf der Straße anerkannt zu werden und sich in seiner Hood durchzusetzen, dann tut er das mit Sonnenbrille und Daunenjacke im Impetus eben jener Street Credibility, die er zu beschreiben versucht und verlässt nicht den sozialen Kosmos über den er spricht. Wenn etwas das Konzept des Films auf den Punkt bringt und die Stärke des Regiedebüts von Tracy Marrow aka Ice-T (Regie gemeinsam mit Andy Baybutt) beschreibt, dann vielleicht diese Szene, diese Konstellation. Die gesamten Vereinigten Staaten durchquert er im Verlauf von fast zwei Stunden, um jene Kunstform zu verstehen, die er selbst einst professionalisiert hat. Und er nimmt dabei in erstaunlich authentischer Form die Rolle des Unwissenden, Fragenden ein, beginnt ganz von vorn, verliert sich nicht in sinnlosem name dropping, sondern will wissen, was Menschen dazu antreibt sich so und nicht anders auszudrücken; vielleicht auch, warum es die einzige mögliche Ausdrucksform sein kann und ganz im Detail, wie solch eine Wortgewalt konkret zu Stande kommt. Vor allem bei letzterem Punkt liefert der Film sehr intime und überraschende Einblicke, etwa wenn Rakim sein Papier strikt in auszufüllende rhythmische Pattern unterteilt oder Nas jeglichem Freestyle absagt und Rap eher konzeptionell begreift. Stadt für Stadt, Rapper für Rapper ergibt sich so ein differenziertes und passioniertes Puzzlebild einer Kunstform, das einen in den Bann zieht ohne dabei in stereotypen Gesten zu verharren. Jeder Rapper stellt sich dabei selbst mit einer kurzen Einlage vor und im anschließenden Gespräch wird geradezu anrührend die Härte der Lyrics, die Ernsthaftigkeit des verbalen Kampfes mit der Nachdenklichkeit und Menschlichkeit ihrer Protagonisten konstrastiert. Und Ice-T bringt von den Oldschool-Ikonen bis zur Crème de la crème der Gegenwart wirklich beinahe alle vor die Kamera, die zu diesem Mosaik beitragen könnten und wird so den vielfältigen Herangehensweisen an die lyrische Komposition ebenso gerecht wie den resdgionalen und kulturellen Ausdifferenzierungen. Ice-T hat sich auf die Suche nach dem Rap gemacht und nach 110 Minuten bleibt festzuhalten, dass – was immer auch am Ende die Kunst des Rap ausmacht – er verdammt nah dran an ihren Geheimnissen gewesen sein muss. Ein durch und durch überraschendes Debüt.