Review

Misanthrop

Psychogramm

Audiac • 2007

Vor einigen Jahren entflammte in HipHop-Foren die Diskussion, was man als Rapper denn nun am Besten macht: Battle-Rap, Inhalte liefern, oder am Besten beides gleichzeitig. Mit der Zeit hat sich das alles relativiert, denn die letzten schwulen Studentenrapper wurden von bösen Buben aus Berlin und Konsorten als schwul betitelt, aufgeschlitzt, und was man sonst noch alles mit Opfern so anstellt. Soweit so gut – oder schlecht. Aber was mache ich denn nun, wenn ich guten deutschen Rap hören will und die 15 seit geraumer Zeit überschritten habe? Der Münchner Rapper und Produzent Misanthrop macht Deutschrap, nur anders und um Welten reifer! Anstatt mit Autos und Klamotten hat er sich lieber mit sich selbst und der Welt beschäftigt. Und er erzählt davon und das mit einer solchen Offenheit und Tiefe, dass man sich schon nach den ersten Titeln in einem Sog seiner Gedankenreisen wiederfindet. Misanthrop versteckt sich nicht hinter Attitüden, sondern spricht offen von seinen Schwächen und Ängsten und beschreibt so Gefühle und Situationen, die den offenen Hörer zum Teil stark mit sich selbst konfrontieren können. Manchmal ist es auf Anhieb vielleicht nicht ganz so einfach, den verstrickten Gedankengängen des Misanthropen zu folgen, aber dieses Album hört man nicht mal so beiläufig. Äußerst bemerkenswert ist, dass fast die komplette Produktion von ihm selbst stammt: Eigenwillige, liebevoll und detailliert getöpferte Beats, die immer wieder überraschende Wendungen nehmen, machen »Psychogramm« zu einem starken Gesamtkunstwerk, das seinesgleichen sucht. Aber das ist hierzulande wohl auch nicht sonderlich schwer… oder vielleicht doch? Ich habe selten ein vergleichbar starkes Deutschrap-Album gehört.