Review

CocoRosie

Tales Of A GrassWidow

Transistor • 2013

Kleb Dir ‘nen Schnurrbart an und benimm Dich sophisticated: Unter den zahlreichen Künstlern, die unter dem Label »Freak Folk« ans Tageslicht kamen, waren CocoRosie bisher die größte Herausforderung. Bei niemandem standen Wohlklang, Experiment und Abweisung so nah zusammen wie bei Sierra und Bianca Casady. Überhaupt war diese Schublade von Anfang an zu klein für CocoRosie, die konsequent und gleichermaßen auf Klassik und HipHop als Mittel griffen. Mit ihrem fünften Album gehen CocoRosie dann auch einen beatlastigeren Weg. Wobei selbst das in so wenigen Worten vielleicht schon zu viel Versprechen ist. Denn eigentlich machen CocoRosie das, was sie bisher immer auszeichnete. In »Child Bride« eröffnet ein abgesoffenes Klavier, während der Rhythmus nur ganz sachte einläuft. Darüber dann kindlicher Gesang und fertig. »Gravediggress« lässt sich da deutlich mehr auf seine Takte ein, gibt dem Beat richtig Raum. Und waren manche früheren Momente bei CocoRosie angestrengt und verkopft, passiert auf »Tales Of A GrassWidow« erstaunlich viel aus dem Gefühl, aus der Atmosphäre raus – was ziemlich sicher auch an der Produktion des Isländers Valgeir Sigurðsson liegt. Konsequent, dass dann der Hidden Track hinter »Poison« mit seinen scheppernden Drums der Moment der Verweigerung auf diesem Album ist. Intellektuell mag das immer noch sein. Nur binden einem CocoRosie das nicht mehr auf die Nase. Auch wenn darunter noch der Schnurrbart klebt.