Review

Sierra Kidd

Nirgendwer

Independenzia • 2014

Nach mehrmonatigem Promo-Tamtam inklusive Facebook-Props von Deutschrap-Promis, einem anonymen EP-Teaser und folgenreicher Identitätsenthüllung im Privatfernsehen, steht der erst 17-jährige Sierra Kidd mit »Nirgendwer« ähnlich polarisierend vor den Argusaugen der Hiphop-Gemeinde, wie eine gewisse Pandamaske aus Stuttgart. Der Emdener muss nun, wie es sich so schön fußball-deutscht: Abliefern. Und das hat er getan. Das LP-Debüt »Nirgendwer« ist eine auf Instagram-Hochglanz gestylte, moderne Platte geworden, die ihn einmal mehr als traurige »Stimme seiner Generation«, ja, als Anti-Cro stilisiert. Die Parallelen sind erstaunlich: Ähnlich wie Carlo singsang-flowt Sierra eingängige Tumblr-Quotables, nur eben in traurig. Inhaltlich geht es um Isolation, Selbstzweifel und im Allgemeinen das, was als »teenage angst« beschrieben wird. Allein das Cover zeigt einen argwöhnisch-blickenden Jungen in mitten eines mit Grimassen übermalten Klassenfotos und kommuniziert damit bereits einen Großteil des gebotenen Inhalts: Sierra Kidd, der Gepeinigte, der Skeptiker. Doch auch wenn sein Mentor Raf Camora geschmacksicher und anspruchsvoll dunkelbunte Pop-Cloud-Instrumentals mit Verweisen an Lorde oder The xx unter Sierras Melancholie-Pathos kredenzt und dieser für sein Alter erstaunlich reflektierte Texte schreibt, ist das lethargische Selbstmitleid-Gesäusel auf »Nirgendwer« einfach ermüdend – »Junge, reiß dich gefälligst zusammen!«, rutscht es dem inneren Sozialpädagogen raus. »Nirgendwer« ist keinesfalls ein schlechtes Album, seine anhaltende Trauerstimmung ist jedoch derart künstlich und eindimensional, dass man sich am Ende fragt, warum Sierra Kidd nicht einfach in einen Buddhisten-Tempel zieht.