Review

Tadeo

Terra Incognita

Token • 2015

Gibt es sie überhaupt noch, die »Terra Incognita«, die unbekannte Welt? Letztlich sind doch nicht allein in den Atlanten alle weißen Flecken ausradiert worden, in der Musik gab es ebenfalls schon alles. Hubschrauber-Streichquartette mongolische Kehlkopfgesang-Coverversionen von »Love Will Tear Us Apart« oder mit Pisse angereichte Vinyl-Pressungen – alles schon gehabt, gehört und gesehen. Nun aber kommt der Spanier Miguel Sar ums Eck und verspricht, eine »Terra Incognita« vor unseren Ohren zu erkunden. Dabei ist er nicht mal der erste Mensch, der sich diesen Plattentitel wählt. Aber hey, das alles muss nicht zwangsläufig etwas heißen. Denn Tadeo, wie sich Sar nennt, hat in den letzten zehn Jahren viel Neugier und Forscherlust bewiesen. Sein Sound ist von Warehouse-Techno informiert, immer aber mit Überraschungen garniert. Der chorale Auftakt seiner Debüt-EP für das belgische Token-Label ist eine solche – das »Requiem« Sars setzt von Anfang an eine morbide Stimmung, die von den vier im Zentrum stehenden, Bleep- und Acid-verseuchten Techno-Tracks in muffige Kellerverliese geführt wird. Wenn dann »Despert« mit atonalen Orchester-Sounds den Rausschmeißer spielt, hat sich zwar keine bisher unbekannte Welt eröffnet, die hiesige aber sieht dank Killer-Tracks wie »Apollo 7« etwas düsterer aus.