Review

Marsen Jules

The Empire of Silence

Oktaf • 2015

Das ewige Eis eignet sich nach wie vor bestens als Projektionsfläche für Fantasien von Unveränderlichkeit und völligem Stillstand – vermutlich umso mehr, je realistischer das Abschmelzen der gefrorenen Landschaften an den Polen mit der Zeit wird. Marsen Jules hat für diesen klassischen Topos – die nordischen Eisregionen – auf »The Empire of Silence« ein im doppelten Sinne klassisches Instrumentarium gewählt: Zu hören sind ausschließlich Streicherklänge, die im Ambient – seit Wolfgang Vogts Gas-Alben – zu einem beliebten und dankbaren Mittel der Wahl für sich allmählich verschiebende Flächen geworden sind. Insofern sieht sich jedes neue orchestrale Ambient-Album zwangsläufig einer gewissen Konkurrenz ausgesetzt. Dass Marsen Jules die Eisigkeit und Entrücktheit seines Themas mit diesem bewährten Ansatz gleichwohl so überzeugend luftig-spannungsvoll gelungen ist, hat mit der geduldigen Detailarbeit zu tun, bei der die einzelnen Töne sich immer stärker in ihre Klangbausteine aufzulösen beginnen, ohne die große Form und ihren Charakter aus dem Blick zu verlieren. Auch hat jedes der acht Stücke einen ganz eigenen Charakter, mal öffnet sich die Musik stärker, mal zieht sie sich in sich zusammen, lässt die Harmonien klarer strahlen oder neblig trübe werden. Das Eis bewegt sich eben doch, bloß sehr, sehr langsam.

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