Review

A Tribe Called Knarf

Es Ist Die Wahrheit, Obwohl Es Nie Passierte

Staatsakt • 2015

Shisha Shellöm, Trinity, Ism oder nun eben A Tribe Called Knarf: Frank Möller aka Knarf Rellöm hat gemeinsam mit DJ Pattex und Viktor Marek schon jede Menge Inkarnationen durchlaufen. Für das neue Album hat man sich ganze neun Jahre Zeit gelassen, um mit Humor, Kapitalismuskritik und jeder Menge Referenzen einmal mehr dem (Pop-)Kulturmarkt den Spiegel vorzuhalten. Es geht um die Hinterfragung des Konzepts der romantischen Liebe (»Praxis Of Love«), Selbstentfremdung (»You Wanna Be Like Me«), Krieg oder Nick Cave, Mark E. Smith und Gene Simmons (»Über 20 Geschichten«). Musikalisch verschieben sich die Koordinaten ebenfalls nur geringfügig: trockene House-Beats, HipHop-Einflüsse (klar, bei dem Namen…) und Dub-Versatzstücke, die vor allem Marek auch zusammen mit Jacques Palminger als Kings Of Dubrock gerne einsetzt. Das klingt allerdings nicht immer zwingend, für Relevanz sorgen allein die Texte. Dabei kommt der 53-Jährige rüber wie der coole Onkel, der zwar eigentlich zu alt ist, um sich mit dem ganzen neumodischen Kram auszukennen, trotzdem überall seinen Senf dazugeben muss. Diese neunmalkluge Besserwisserei könnte fast nerven, wenn Knarf Rellöm nicht so witzig wäre und vor allem auch Recht hätte. Somit ist »Es Ist Die Wahrheit, Obwohl Es Nie Passierte« zwar keine Offenbarung, aber so kurzweilig wie anspruchsvoll – und damit Diskurs-Pop im besten Sinne.