Review

Arcade Fire

Everything Now

Columbia • 2017

Arcade Fire waren schon immer eine Band der großen Gesten und der großen Bühnen. Den Bombast und die Opulenz der beiden ersten Alben ergänzten sie erst auf »The Suburbs« mit dem Stadionrock eines Bruce Springsteen, nur um aus »Reflektor« von 2013 zusammen mit David Bowie, Produzent James Murphy, Fotograf Anton Corbijn und noch vielen mehr ein wahres Dance-Rock-Opus zu zaubern. »Everything Now« ist nun auch wieder ein episches Konzeptalbum, ein überlebensgroßes Gesamtkunstwerk geworden, auf dem als neuer musikalischer Einfluss am deutlichsten ABBA herhalten muss. Diesmal ging es zusammen mit einer Hälfte von Daft Punk ins Studio, um mit dem fünften Album weiter daran zu schrauben, irgendwann – möglichst in baldiger Zukunft – die größte Band der Welt zu sein. Die titelgebende Klage, in der modernen Welt stets immer alles sofort zur Verfügung zu haben, beißt sich natürlich gewaltig mit den multimedialen Werbekampagnen, die die Band nutzt. Dieser Widerspruch scheint Arcade Fire zwar bewusst zu sein, auflösen wollen sie ihn aber nicht – wie es überhaupt eher das Ziel gewesen wäre, Dinge nebeneinander zu stellen statt zu verbinden. So klingen auch einige Tonspuren etwas unpassend artifiziell, da will der verwaschene Dub-Reggae von »Peter Pan« einfach nicht zur vorhergehenden, pompösen Anti-Selbstmord-Hymne »Creature Comfort« passen. Allerdings beißt sich das Album gewissermaßen selbst in den Schwanz, da das Outro fast nahtlos ins Intro überblendet und man es so sehr gut in Dauerschleife hören kann. Die fanatischen Fans werden auch »Everything Now« wieder in den Himmel loben und die Konzerte des kanadischen Sextetts zu Open-Air-Gottesdiensten mit vielen Oh- und Ah-Chören zu machen – empfängt die als Indie-Lady Gagas bezeichnete Band nun endgültig der Mainstream?