Toro y Moi – Introvertierter Fummler mit Weitsicht

11.03.2011
Foto:Bryan Bush
Chaz Bundick schafft es als Toro y Moi auf wundersame Weise, so allwissende und empathische Songs abzuliefern, dass man ihm weder das bestätigende Nicken noch ein Lächeln auf den Lippen verwehren kann.

Mit seinem Debüt Causers of This galt Chaz Bundick 2009 lange Zeit als Aushängeschild des Kollektives genau jener introvertierten Fummler, die sich auch mit Mitte 20 noch in der Bude verschanzen und am Laptop in einsamen Stunden und vor allem liebevoller Kleinstarbeit an ihrem Sound schrauben. Das Amalgam aus Sixties-Surf-Schmonzetten, psychedelischen Loops, einer lupenreinen R’n’B-Herangehensweise und der gewissen Portion Noise war plötzlich der neue heiße Scheiß und geisterte im Netz schnell unter kruden Bezeichnungen wie »Chillwave« oder »Dreampop« umher. Ungeachtet davon war Causers Of This unter handwerklichen Aspekten an Großartigkeit kaum zu überbieten. Halbgare Ideen, geniale Geistesblitze und Gedankenfetzen – dazu ein Auf und Ab an sphärischem Gesang in Endlosschleife. Mit all dem schaffte Chaz Bundick es auf wundersame Weise, so allwissende und empathische Songs abzuliefern, dass man ihm bei keinem der elf Stücke das bestätigende Nicken und ein Lächeln auf den Lippen verwehren konnte. Hier gelang es jemandem, aus all deinen Sehnsüchten und Wünschen melancholische Visionen zu zeichnen – und sei es nur der Drang nach dem Blinzeln in das Leuchten der satt-orangen Abendsonne, die hinter dem Haus deiner Eltern langsam am Horizont verschwindet..
Was genau der Herr aus Columbia, South Carolina mit seinen 24 Jahren da formulierte, vermochte wohl niemand so genau zu bestimmen. Eine Ode an die Sorglosigkeit vielleicht? Ein Aufbäumen gegen das Erwachsenwerden? Nun, in seiner professionellen Vagheit mutete Causers Of This irgendwie recht vollkommen an und fing den Zeitgeist mehr als gekonnt ein. Geht man noch einen Schritt weiter, könnte man annehmen, dass Chaz die selbstgeschossenen Fotos seines Blogs Poor and Lonely vertont. Auf den Bildern ist ein Querschnitt aus allem zu sehen: lebensbejahende, beiläufige, betrübte, schlichte und pompöse Aufnahmen. Vielschichtig wie das Leben selbst.

Der Schlafzimmerproduzent
Underneath The Pine heißt sein neues Album. Und während Causers of This noch von einer starken Affinität zum Sampling geprägt war, wird diese Komponente auf seinem neuen Werk gänzlich abgeschaltet. Wenngleich es immer noch wabert, hallt und flirrt, findet musikalisch eine klare Rekurrierung auf das Selbstmachen und Einspielen statt. Und auch, wenn in puncto Vocals immer noch vieles ähnlich im Unklaren bleibt, rückt die Stimme von Bundick doch deutlich in den Vordergrund. In Kombination mit den Lesarten der Songtitel und eigenen Aussagen von Bundick, ist das nicht mehr den ewigen Problemen zwischen Mann und Frau im Allgemeinen gewidmet, sondern vielmehr Familie und Freunden gewidmet ist. Ebenso der Albumtitel Under The Pine mutet deutlich konkreter und persönlicher an, als das noch auf Causers Of This der Fall war. Unter der Pinie. Laut eigenen Aussagen möchte Chaz Bundick dort begraben werden.
Bis das so weit ist, macht er aber erstmal weiter. Kümmert sich der 24-jährige nicht gerade um Toro y Moi oder fotografiert, macht er, natürlich, noch mehr Musik. – selbstredend unter dem in der Produzentenszene mittlerweile schon als obligatorisch geltenden Pseudonym. Seines hört auf den Namen Les Sins. Die Musik fällt im Vergleich zu Toro y Moi stark beschleunigter und funkiger aus. Fast werden Erinnerungen an den französischen Filterhouse der späten 1990er Jahre wach. Chaz gibt sich jedoch nicht nur retrospektiv, sondern auch visionär und weitsichtig. Zuletzt remixte er den Song French von Tyler, the Creator, seines Zeichens Frontmann des derzeit wohl angesagtesten HipHop-Kollektives Odd Future Wolf Gang Kill Them All. Eine lose Truppe an Skatern und Rappern, die mit satanistischen Symbolen kokettieren und es dennoch in die Late Night-Shows schaffen. Sowohl sie, als auch Toro y Moi schaffen es, die derzeitige Stimmung auf eine ähnliche Weise gut einzufangen – sei es nun auf der Straße oder im Schlafzimmer.