74 Miles Away – Vom Finden und Wachsen

05.08.2011
Foto:Benjamin Menedetter
Die belgische Band 74 Miles Away kombiniert klassisschen Jazz mit elektronischen Elementen und an der MPC generierten Beats. Valentin Menedetter traf die erkundungsfreudigen Brüsseler zum Gespräch.

Manche mögen mit Cannonball Adderley’s Album 74 Miles Away vertraut sein. Heutzutage steht dieser Name für eine Band aus Belgien, die klassischen Jazz mit elektronischen Elementen und MPC generierten Beats verbindet. Der Jazz-Pianist Pierre Anckaert und das Produzententeam Monkey Robot (früher Infinitskills) taten sich zusammen um ihre Genres gegenseitig zu erkunden. Das Ergebnis ist 74 Miles Away, eine Gruppe die es versteht den Fokus auf den jazzigen Fender Rhodes Sound zu legen, und dabei nicht auf den beat-lastigen Teil zu vergessen, der sie zu einem dopen Live Erlebnis werden lässt.

Wie habt ihr euch gefunden?
Pierre Anckaert: Ich kannte Luis schon sehr lange – wir haben miteinander gespielt. Von unseren Teenager Jahren an. Wir hatten zusammen eine Band – er war immer mehr dem Beat Ding verhaftet, während ich mehr dem Jazz zugewandt war. Er fragte mich ob ich daran interessiert sei mit meinem Trio in seinem Studio aufzunehmen. Dann bot er an ein paar Tracks, gemeinsam mit Eric, zu remixen. So traf ich Monkey Robot. Mittlerweile haben wir einen Flötisten dabei, Stefan Bracaval – er wird ein fixer Bestandteil der Gruppe.

Also wachst ihr noch?
LuiGi: In Wirklichkeit wachsen wir noch. Wenn man sich die Platte ansieht – da gab es vier Original Tracks und vier Remixes, und jetzt ist es eine Mischung von allem und von der Platte ist nicht mehr viel über wenn wir live spielen. Wir entwickeln uns jede Woche weiter und schreiben neue Songs. Es ist also eine Symbiose der verschiedenen Stile und für Pierre öffnete sich dadurch eine neue Türe. Für uns war das Jazz Ding auch eine neue Erfahrung. Wir mischen die beiden zusammen. Wir haben keinen vorgefertigten Weg – wir suchen immer noch unseren Weg. Jetzt fühlt es sich an als ob wir die richtige Kombination hätten.

»Wenn man nur Beats macht werden die Beat Heads schnell drauf reinkippen, aber wir wollen eine größere Hörerschaft erreichen und wir sind der Meinung, dass das durch elektronische Musik geht.«

Eric P

Gibt es Vorteile durch die Verbindung der beiden Genres?
Eric P.: Ich denke, dass das Album eine gute Einführung zur Band ist. Wir haben das Jazz Ding auf der einen Seite und das elektronische auf der anderen. Die Leute sind neugierig wie wir klingen. Wenn man kommt um uns live zu sehen, wird man sehen, dass nicht alles geplant ist. Wir versuchen neue Dinge auf der Bühne, während der Show, und gehen mit dem Fluss der Musik. Am Anfang hatten wir nur Hip Hop Beats; doch dann entschieden wir uns offener zu sein und in andere Genres einzutauchen. Wir wollen die Leute zum Tanzen bringen. Wir wollen nicht, dass sie sich langweilen. Wenn man nur Beats macht werden die Beat Heads schnell drauf reinkippen, aber wir wollen eine größere Hörerschaft erreichen und wir sind der Meinung, dass das durch elektronische Musik geht.

Pierre, war es hart für dich, als Jazz Musiker, dich anzupassen an die elektronische Musik?
Pierre Anckaert: Nein – ich werde vielleicht als Jazz Musiker eingestuft, aber natürlich verfolge ich alle möglichen Dinge und höre mir Verschiedenstes an. Die Geschichte des Hip Hop hat mich immer sehr interessiert. Ich habe in meiner Zeit, vor Monkey Robot, zwei akustische Alben aufgenommen. Aus dieser Zeit heraus kam das Bedürfnis elektronische Musik zu erforschen, die wirklich ganz anders ist. Diese Band ist eine Möglichkeit sich weiterzuentwickeln. Als Band haben wir die Möglichkeit anders zu klingen als auf den Studio Produktionen, die man von uns kennt. Wir müssen uns auf die Kontraste dieser beiden Welten konzentrieren.

Was für eine Rolle spielt da Cannonball Adderley mit seiner 74 Miles Away Platte für euch?
Eric P.: Wir waren eigentlich auf der Suche nach einem Namen, wir haben einige ausprobiert – keiner hat wirklich gepasst. Zu dieser Zeit habe ich diese Platte gehört. Es gibt einen Track den wir spielen, er heißt 74, er basiert auf dem Track am Album. Dann war es klar, dass wir unser Album so nennen würden – so wurde es auch der Name der Band. Aber Adderley ist ein großer Einfluss soweit es mich angeht.
Pierre Anckaert: Es ist auch eine Referenz an die verschiedenen Stile – die Jungs kommen aus einer ganz anderen Richtung als ich. Luis kann ein bisschen schroffer sein, da er auch Drums spielt und Eric Gitarre – also haben wir versucht uns aneinander anzunähern und haben schlussendlich ein Rezept gefunden miteinander zu arbeiten.

Wie schreibt ihr eure Sachen?
LuiGi: Wir kommen mit Ideen an, rhythmische Abfolgen, Samples und andere Sachen – dann zeigen wir einander was wir haben. Meistens adaptiert Pierre die Musik für das Piano und schreibt Notenblätter. So haben wir dann eine globale Struktur, dann gehen wir gemeinsam an die Feinarbeit. Wir arbeiten immer zu dritt miteinander. Wir versuchen uns anzupassen und von dort weiterzugehen. Wir hören einander gerne zu. Es geht hin und her zwischen Pierre und uns, das ist was es interessant macht. Sonst wäre es immer das gleiche Rezept.

Dieser Beitrag ist Teil des Themenschwerpunkts

Jazz aus Belgien

Unter dem Themenschwerpunkt »Jazz aus Belgien« fassen wir Beiträge zur aus Belgien stammenden Jazz-Musik zusammen.

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