All City Dublin – Platten für die Zukunft

22.03.2013
Zwölf Jahre nachem Olan O’Brien 2001 einen kleinen Plattenladen im Temple Bar District in Dublin eröffnet hat, ist All City Records zum einem kleinen Brückenkopf amerikanischer Musik in Europa gewachsen.

Als Olan O’Brien 2001 einen kleinen Plattenladen in einer kleinen Gasse im Temple Bar District in Dublin eröffnete, war All City Records weit weg von den popkulturellen Metropolen Europas und noch weiter weg von den für den Hip Hop relevanten Städten Amerikas. Zwölf Jahre später ist der Plattenladen nicht nur angewachsen zu einem Label, das seit 2003 über 60 Platten veröffentlicht hat – in vielerlei Hinsicht ist All City zu einem kleinen Brückenkopf amerikanischer Musik in Europa geworden. »Es fühlt sich komisch an zu sagen, dass wir ein Label sind, weil ich das mit Def Jam und Motown assoziiere«, sagt Olan O’Brien, in der für das Label typischen sympathischen Bescheidenheit, doch war es All City, die die Beatmaker Szene L.A.s durch ihre 10-inch-Serie »Los Angeles« einem europäischen Publikum zugänglich machte. »Ich ging 2006 nach L.A. um Schallplatten zu kaufen und das waren damals die frühen Tage der Beat Szene. Über die Jahre fuhr ich viel durch die Gegend und traf viele sehr verschiedene Leute, es gibt einen unglaublich innovativen Vibe in Kalifornien. Vor 20 Jahren hätte man über Bio-Hühnchen und Yoga gelacht, aber all diese Dinge kommen doch aus Kalifornien, ein wunderbarer Ort!« Diesen innovativen Vibe fühlt sich auch All City Records verpflichtet und wenn auch die Wurzeln des Labels im Rap und Hip Hop liegen, hat man über die Jahre weit mehr als das veröffentlicht: Reggae, Jazz, House, Techno, Re-Issues und verloren geglaubtes.

Die vermeintlich periphere Lage ermöglicht dabei eine Entspanntheit in Fragen des Hypes, die es ermöglicht, dass der Laden zwar einerseits amerikanische Avantgarde vertritt, aber andererseits auch immer lokaler Hangout geblieben ist. »Wenn du dir die Karte anguckst, siehst du, dass wir ein kleiner, jüngerer Bruder sind, die der UK/Euro Gang hinterherläuft, also auch in Zeiten des Internets spielt das noch eine Rolle.« Statt sich aber durch die Randlage an die Musikmetropolen wie London anzubiedern, umarmt O’Brien die Möglichkeiten des Außenseiters:

»Unsere Platten sind dafür gemacht in 20 Jahren ganz hinten im Regal im Plattenladen wieder entdeckt zu werden.«

»Wir werden immer einen Schritt hinterher sein, also versuche ich nicht das Neue zu jagen, sondern bin glücklich damit, an den Rändern zu fischen. Die Leute kommen nicht nach Dublin auf der Suche nach Neuem und wenn man das als etwas positives begreift, bedeutet das eine unglaubliche Freiheit. Einige Labels müssen eine ziemlich enge Zielgruppe befriedigen, aber wir machen wirklich einfach was wir wollen, weil wir nicht permanent unter Beobachtung stehen. Dennoch können Menschen sehr verärgert werden, wenn ein Label vom Kurs abweicht, so wie als Dylan plötzlich elektrisch wurde, das ist sehr witzig. Aber wahrscheinlich sollte ich auch nicht Kommentare im Internet lesen auf der Suche nach einem durchdachten Diskurs.«

Mit ihren aufwendigen Artworks und der Liebe zum Detail veröffentlicht All City Platten, die ihren Wert nicht aus ihrer Aktualität beziehen. Auf dem Roaster stehen die vielen verschiedenen Stil- und Denkrichtungen autark nebeneinander, einzig ihre musikalische und haptische Qualität eint sie und macht sie labelspezifisch. Es gehe doch am Ende schlicht darum Schallplatten zu machen, die Menschen in ein paar Jahren finden werden, sagt Olan und fügt hinzu: »Unsere Platten sind dafür gemacht in 20 Jahren ganz hinten im Regal im Plattenladen wieder entdeckt zu werden.« Dass All City dabei immer noch für ihre Veröffentlichungen aus der Beat-Szene von Exile bis Dibiase in Verbindung gebracht wird und dass das aber schon längst nicht mehr als Zugpferd reicht, bringt Olan O’Brien zum Nachdenken über ein All City Records 2.0. »Ich möchte noch mal von vorne anfangen, etwas ganz anderes versuchen.«, und fügt hinzu: »I’m just waiting to get excited by some different shit again.«