Review

Horace Tapscott with The Pan-Afrikan Peoples Arkestra

Live at I.U.C.C.

Soul Jazz • 2019

Der gefeierte Jazzstar von Los Angeles, Kamasi Washington wurde 2015 in einem Interview auf seinen ebenfalls in Los Angeles aktiven Kollegen, den Pianisten Horace Tapscott angesprochen. Washington bekannte sich in seiner Antwort sehr euphorisch zu dessen Schaffen. Zwanzig Jahre nach dem Tod des Avantgarde-Jazzmusikers ehrt das Label Soul Jazz Tapscott jetzt mit einer Reihe von Reissues. Den Auftakt macht ein Konzertmitschnitt von 1979 mit seiner Band, dem 1961 gegründeten Pan-Afrikan Peoples Arkestra, aus der Immanuel United Church of Christ. Spirituell geht es in diesem zwei Stunden stolzen Dokument allemal zu. Und Avantgarde bedeutet bei Horace Tapscott nicht, dass ohne Unterlass in Free Jazz-Manier der Großteil des Form- und Harmoniebestands der Jazztradition auseinandergenommen wird. Vielmehr ist es so, als würde das Sun Ra Arkestra, statt in den Weltraum emporzusteigen, einfach mal den Himmel über Los Angeles erkunden. Da kommt man ja auch schon einigermaßen weit. Tatsächlich hat sich Tapscott in seinen Aktivitäten auf den Bezirk Watts im Süden der Stadt konzentriert, was mit dazu beigetragen haben dürfte, dass man ihn jetzt erst wieder entdecken kann. Wie auch der Umstand, dass seine Nähe zu den Black Panthers ihm eine Beobachtung durch das FBI einbrachte und seine Studiokarriere von 1969 an für fast ein Jahrzehnt zum Erliegen brachte. Auf »Live at I.U.C.C.« verdichten die Musiker die offen gehaltenen Räume der ausgedehnten Stücke zu wunderbar schwebend konzentrierten Stimmungen, und wenn es richtig dissonant wird wie in »Noissessprahs«, rückwärts für »Sharps Session« (einer der Beteiligten ist der Saxofonist Jesse Sharps), klingt das weniger schrill als vielmehr wie eine zusätzliche Verdichtung. Für weitere Vielfalt sorgt der Dichter Kamau Daáood in »McKowky’s First Fifth« mit einem Text für Eric Dolphy. Schon jetzt eine der Neuauflagen des Jahres.