Review

Kym Amps

You Don’t Know My Name (But I Know You)

Monte Cristo • 2019

Monte Cristo ist ein denkbar guter Name für ein Plattenlabel, das sich auf Reissues spezialisiert hat: Nach Jahren im Kellerverschloss kommen hier Platten wieder ans Tageslicht, um sich am Verlauf der Musikgeschichte bitter zu rächen. Wobei das natürlich nicht heißen soll, dass der Sound des Rotterdamer Imprints besonders blutrünstig wäre. Auf Ghisly Browns Boogie-Meilenstein »Let’s Talk About It« folgt mit »You Don’t Know My Name (But I Know You)« von Kym Amps eine kuriose Perle aus den frühen Tagen des Synth Pops. Bis auf den 1981 als Single veröffentlichten Titeltrack sowie der damaligen B-Seite »You Love Me« versammelt das Album bisher unveröffentlichtes Material der späteren Opernsängerin. Der klassische Background Amps’ überhaupt war erst die Hauptkompetenz, die David Watts und Andrew Birtles an die Solistin herantreten ließ: Nur die gelernte Sopranistin verfügte über die technischen Fähigkeiten, der von ihnen in einem zu der Zeit beeindruckenden Gerätepark produzierten Musik eine Stimme zu verleihen. Oder noch besser: Sie dazu in Kontrast zu setzen. Der künstlerische, nicht selten etwas künstlich-pathetische Stil Amps steht im Gegensatz zu behaglich-verhaltend groovenden Stücken, die gelegentliche Abzweigungen in Vierte-Welt-Rhythmiken nehmen und sich auch in den stilleren Moment minimalistisch im Hintergrund halten, anstatt grell auf die Tube zu drücken. Selbst der Proto-Italo-Disco-Smasher »The Sound of Your Voice« läuft einige BPM zu langsam an, um sein volles Pop-Potenzial zu entfalten. Was allerdings keinesfalls stört – im Gegenteil. Die Zurückhaltung von Watts’ und Britles’ Musik bietet nicht nur Amps’ wahnsinnigen Phrasierungen einen idealen Nährboden, sondern rechtfertigt die Neuauflage der sieben Stücken auf »You Don’t Know My Name (But I Know You)« – beziehungsweise lässt ihnen nach langer Zeit Gerechtigkeit widerfahren.