Review

Quantic

Atlantic Oscillations

Tru Thoughts • 2019

»Vergesst den Rest, das ist die erste richtige Platte, die ich gemacht habe« flunkerte Will Holland alias Quantic kürzlich auf Facebook über sein neues Album »Atlantic Oscillations«. Der britische Musiker und Weltenwanderer hat freilich Spaß daran, nach zwei Jahrzehnten transatlantischer Soundtüftlerei in Brooklyn, New York eine vorläufige Heimat gefunden und dort sein erstes Soloalbum seit 2014 aufgenommen zu haben. Und wie immer, wenn Holland ins Studio geht, clashen musikalische Welten aufeinander. Südamerikanische Cumbia-Rhythmen streifen da an Giorgio-Moroder-Gedächtnis-Schunkler und schütteln jazzige Basslines aus dem frisch gebügelten Hawaii-Hemdärmel, die den Sound von Quantic seit »The 5th Exotic« prägen. Das heißt: Elektronische Musik, die nicht wie elektronische Musik klingt, sondern eher wie die Präsentation des vierteljährlichen Gruppenseminars für fortgeschrittenes Trommeln am Institut für ethnologische Klangskulpturen. Wer da an tumbe Housemusikanten denkt, die mal eben ein paar Bongos über ihre Beats klöppeln lassen, ist ungefähr so weit vom Sound auf »Atlantic Oscillations« entfernt, wie Boris Becker vor einem Comeback in Wimbledon. Aber genug vom Tennis und zurück zum Sound. Für das tuckernde »Now Or Never« hat Holland wie schon auf dem 2013 erschienen »Look Around the Corner« Alice Russell ans Mikrofon gebeten. Ihr Beitrag sorgt, wie auch die Features von Nidia Góngora (»Tierra Mama«) und Quantic-Livemusiker Sly5thAve (»Orquíedea«), für eine zusammengewürfelte Vielschichtigkeit, die Holland in tighte Arrangements packt, ohne dabei auf die Tanzbarkeit zu vergessen. Und weil manchmal alles zusammenpasst, hat der Neo-New Yorker sogar die eigene Stimme unter ein paar Effekten begraben und mit auf die Platte gepackt (»Incendium«, »Is It Your Intention«). Zu entdecken gibt es also genug. Bloß hinhören muss man selbst.