Review

Mulatu Astatke & Black Jesus Experience

To Know Without Knowing

Agogo • 2020

Ein paar Töne auf dem Vibraphon genügen: Es kann eigentlich nur Mulatu Astatke sein, den wir hier hören. Auch wenn der Beat schwerer ist und nach einer Weile sogar ein Rapper einsetzt. Astatke ist eine regelrecht wundersame Erscheinung: Als Instrumentalist und Zeremonienmeister steht er zwar durchaus auch auf der Bühne im Zentrum seiner Musik, aber sein Wirken ist geradezu unspektakulär. Nicht nur im Kontext der globalisierten populären Musik nimmt er eine Sonderstellung ein. Auch innerhalb der reichen äthiopischen Szene ist Mulatu Astatke eine Ausnahmeerscheinung. Seit dem Film »Broken Flowers« von Jim Jarmusch, der einen großen Teil seiner Wirkung von den klassischen Aufnahmen Astatkes bezieht, sind die Skalen der äthiopischen Musik auch dem Rest der Welt bekannt, die Eleganz von Astatkes Arrangements immer wieder Gegenstand von Nachahmungsversuchen. Dass sein Werk über die Jahrzehnte betrachtet keineswegs monolithisch ist, muss man da auch einmal betonen. So weit geöffnet für neuere Einflüsse wie gemeinsam mit der australischen Formation Black Jesus Experience hat er seine Musik zumindest schon sehr lange nicht. **»To Know Without Knowing« ist nach »Cradle Of Humanity« aus dem Jahr 2016. Wie schon dort führt Mulatu Astatke die vielfältigen Einflüsse aus dem Fundus der äthopischen Tradition, Jazz, Funk, Hiphop, Blues und Reggae auf seine ganz eigene Weise zusammen und dehnt seinen musikalischen Kosmos aus, ohne dabei dessen Zentrum zu vergessen. Dabei klingt er keineswegs altersmilde oder abgehangen. »To Know Without Knowing« ist nicht nur von einem umspannenden musikalischen Geist durchdrungen, sondern bezieht auch lyrisch Position, wie in »Living On Stolen Land«, dass den australischen Aborigine und ihrem Leid gewidmet ist. Ein bei aller musikalischen Leichtigkeit gewichtiges Statement.