Review

Dizzee Rascal

E3 AF

Dirtee Stank • 2020

Der Fluch seines großen Debüts liegt auf dem taumeligen Gauner schon seit Karrierebeginn. »Boy In Da Corner« ist 2003 als das definitive Gründerzeitrelease des Grime in die Pop-Geschichte eingegangen, während der heute 36-Jährige sich ab dem zweiten Album »Showtime« erstmal vom Underground immer mehr Richtung Pop, 2013 beim unsäglichen »The Fith« letztlich sogar im EDM verirrte. Orientierungslosigkeit in full effect. Erst als Grime via US-Umleitung eine Renaissance erlebt, scheint sich auch Dylan Mills daran zu erinnern, dass er eigentlich mal rappen wollte. »Raskit« ist 2017 zwar nicht die durchweg überzeugende, aber überraschende Rückkehr des Dizzee Rascal zu seinen Wurzeln. Ein Fundament, auf dem das siebte Album »E3 AF« (die Postleitzahl seines Heimatbezirks, und zwar as fuck) zehn neue Bricks verdichtet. Schon nach dem ersten Durchlauf ist klar: Dieses Album ist das, was »Raskit« hätte sein sollen, das zwingende Statement eines Großmeisters. An der Seite von unter anderem Smoke Boys, Kano oder Ghetts spittet sich Dizzee im Kreise eines Grime-Alphamobs mit neu-gefundenem Hunger durch den aktuellen State Of The Art der Insel. Hier sägt sich der Old-School-Bombast »God Knows« durch den Subwoofer, als wäre Rinse FM noch ein Piratensender und kein Pop-Weltkulturerbe, dort motivieren dich Raskit und Chip per Flötenbeat und Wobble-Bass den Panoramablick auf die bright side of life zu werfen. Neben all den anderen Brit-Querverweise aus 2-Step (»You Don’t Know«) oder Dancehall (»Energie + Powers«) stellt sich mit »Act Like You Know« endlich auch ein lupenreines UK-Drill-Paradebeispiel in seine Diskografie. »I’m in my prime / If I decline, I’ll want privacy / I’ll be fine«, rappt er auf dem Feierabendjoint »Be Incredible«. Es ist die atemlose Kompromisslosigkeit, seine gut gealterten Presslufthammer-Flows und die verschmitze Pop-Affinität, die das Patchwork von »E3 AF« am Ende zusammenhält. Übrigens, »E3 AF« ist das erste Album seit »Maths + English«, das Dizzee Rascal komplett im Vereinigten Königreich produziert hat. Wir lernen: Bleibt zuhause.