Review

Mário Rui Silva

Stories From Another Time 1982-1988

Time Capsule • 2021

Wenn man die Musik von Mário Rui Silva hört, liegt es nicht allein am Namen, dass man, ohne weitere Informationen über ihn, meinen könnte, hier sei ein Brasilianer mit innovativen Rhythmusideen am Werk. Was nicht völlig abwegig ist, sieht man einmal davon ab, dass Mário Rui Silva ein Angolaner und damit in einem Land aufgewachsen ist, in dem man Portugiesisch lediglich als Amtssprache spricht. Unabhängig von der Kolonialmacht wurde der Staat 1975. Lusitanisch geprägt ist die Sache bei ihm daher zwangsläufig, bloß geographisch etwas anders gelagert als womöglich erwartet. Was die Sache zusätzlich kompliziert: In seiner Musik zeigt Silva nicht bloß Interesse an westafrikanischen und angolanischen Traditionen, um sich von kolonialen Einflüssen zu emanzipieren, sondern lässt ebenso eine Neigung zu Jazz erkennen, was in seinem Fall fast zwangsläufig zu Fusion-Ansätzen führt. Ob er allein an der Gitarre mit leise warmer Stimme singt, Perkussion hinzunimmt oder in »Kazum-zum-zum« mit Drumcomputer und Synthesizer arbeitet, stets haben seine Songs eine spröde Lässigkeit, bei der Komplexität keine übermäßige Dichte im Arrangement erfordert. Die Auswahl aus den 1980er Jahren, die »Stories from Another Time 1982-1988« versammelt, erinnert nicht zuletzt daran, wie afrikanisch geprägt die Musik Brasiliens ist. So wird daraus eine völlig andere Geschichte davon, wer wen beeinflusst hat. Wobei der brasilianische Gitarrist Baden Powell für Silva wohl ebenfalls wichtig gewesen ist. Was bestens zur entwaffnend friedfertigen Offenheit dieses »angolanischen Kosmopoliten« passt.