Review

Sarah Davachi

Antiphonals

Late Music • 2021

Sarah Davachi ist eine überaus schlaue und reflektierte Künstlerin. Die Werke der kanadischen Komponistin für elektronische und analoge Stücke zeichnen sich scheinbar alle durch eine Perfektion aus. Und selbst wenn diese gar nicht gegeben ist, wirken ihre Piano-, Orgel- und Synthstücke wie makellose Perlen. Milchig schimmernde Perlen. Umso mehr irritierte stets, dass Live-Konzerte sich anders anfühlten – nicht unbedingt rougher, so doch ungeschliffener. Für »Antiphonals«, dem insgesamt schon 17. Veröffentlichung in gerade einmal neun Jahren, versucht sie diesen Kontrast, dieses Auseinanderfallen der Erfahrung aufzufangen. Bei einer Akademikerin wie Davachi klingt die Beschreibung des Aufbaus dann entsprechend wissenschaftlich: »Es handelt sich um eine minimalistische Musik, die sich mit der vertikalen Erfahrung von Texturen ebenso befasst wie mit der Dehnung intervallischer Verläufe über den horizontalen Bereich.« Doch was heißt das eigentlich? Was kommt letztlich an? Gerade der Einsatz des Mellotrons – so etwas wie der erste Sampler der Geschichte – fügt eine willkommene Portion Staub, aber auch Psychedelik bei. Ein Stück wie der Opener »Chorus Scene« klingt dementsprechend zwar barock und ziemlich nach Bach, aber gleichsam auch neu und nahbar – aktuell. Abseits aller Wissenschaftlichkeit und dem Avantgardismus, der immer noch den Ton angibt, ist »Antiphonals« ein sehr sinnliches Album. Dass sich streckenweise eher anfühlt als anhört. Eine eigenartige Erfahrung – aber eine sehr schöne.