Review

Ulysse

Naima / Tiers Monde

Stima • 2021

Die französische Disco-Boogie-Szene wurde in den letzten Jahren strahlend hell beleuchtet. Das reicht von den Superhits der Marke »Lait de Coco« (von Maya) bis in die kleinsten Perlen, die als Reissues ihren Weg in das benachbarte Ausland, also hier nach Deutschland, als auch in die ganze Welt gemacht haben. Die Szene, die damals alles andere als homogen war, sondern von den vielfältigen Einflüssen geprägt war, die mehr als hundert Jahre Kolonialgeschichte (schlechterdings) mit sich bringen, birgt auch noch nach mannigfaltigen Compilations und Samplern wunderbare Geheimnisse. Ulysse, der haitianisch-französische Saxofonist, ist ein solches Geheimnis, das von den Finterfürzen gerne gut gehütet wurde – nun aber doch ins wohlverdiente Rampenlicht kommt. Hier, im Spotlight der Geschichte, scheint die Boogie-Nummer »Naïma« mehr als gut aufgehoben. Zwischen offen-romantischer Stimmung und Minnegesang, flotter Achtziger-Instrumentarium und beträchlicher Coolitäten, geht es um mehr als nur Oberfläche: Können die Kinder des Krieges eigentlich lieben lernen? Und wenn ja, wie? Auf der B-Seite wartet dann noch eine, nun ja, Reggae-Nummer wider Erwarten. Off-Beat-Groove und synthetische Drums versprühen Charme. Damit auch Vox-Hater etwas zum auflegen haben, kommen beide Stücke gleich auch als Instrumental. Die Platte ist ganz bestimmt nicht das letzte, was wir aus der French-Disco-Boogie-Ecke entdecken werden, aber ein glorreicher Beweis dafür, dass es sich immer lohnt noch weiter zu forschen und zu graben.

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