Review

Neon Indian

Era Extraña

Mom & Pop Music • 2011

Chillwave ist das Genre, bei dem nicht so wirklich klar ist, ob es musikhistorisch einmal bedeutsam sein oder als Hipsterphänomen in den ewigen Popabgründen verschwinden wird. Shoegaze und 80er Wave treffen auf synthetische, an die Anfangstage des Computerspiels erinnernde Sounds und werden einmal Kopf über in den großen Lo-Fi-Topf getaucht. Es schichtet sich Sound auf Sound, Loop auf Loop und irgendwo taucht dann die Melodie auf, die aus dem atmosphärischen Sound Popmusik macht. Alan Paloma gehört mit seinem Projekt Neon Indian zu den Urvätern dieses Genres und zeigt auf Era Extraña auch, warum. Während in den letzten drei Jahren immer mal wieder einzelne Bands auftauchten, ihren Dream-Pop unters Volk mischten – ohne Idee, ohne Struktur – und nur Loop über Loop über ein leeres Songgerüst schichteten, beweist Paloma wie schon auf dem Debüt Psychic Chasms Gespür für den Song, der ja letztlich der Grundgedanke der Popmusik ist. Jedem Track, sei es dem leichten, atmosphärischen Opener Heart Attack oder dem verstörend vernebelten Halogen (I Could Be A Shadow) liegt ein Konzept zu Grunde, eine Grundidee, die sich durch jedes Fiepen, jedes Overlay hindurchbeißt und dem Gebilde einen Sinn gibt. Am Ende bleibt nur die Frage, wie eine solche Dreampop-Platte, die so verschwommen nach Sonnenuntergang und Sommerabend klingt, in einer Stadt wie Helsinki entstehen konnte.