Review

Sweet Exorcist

RetroActivity

Warp • 2011

1989 war die heute weltberühmte Plattenfirma Warp noch ein kleines Nischenlabel im tristen Sheffield, das der aufkeimenden elektronischen Musikszene ihrer Stadt eine Heimat sein wollte. Aus ebendieser Stadt kamen auch die düsteren Industrial-Waver von Cabaret Voltaire. Ihr Keyboarder und Gitarrist Richard H. Kirk emanzipierte sich etwa zur gleichen Zeit vom Bandgefüge, um mit Richard Barrett aka DJ Carrot rein elektronische Musik zu produzieren. Im Folgejahr kreuzten sich die Wege von Label und Künstler und man ging eine unvergessene Kooperation ein, aus der nicht nur das Elektro-Genre »Bleep« entstand, das später »IDM« den Weg ebnen sollte, sondern dem erwähnten Duo, das sich nun Sweet Exorcist nannte, Legendenstatus verschaffte: Nach zwei Singles auf Warp erschien am 14.1.1991 ihr erster Longplayer, die CC EP, mit der Katalognummer WARPLP1/WARPCD1. Warps erster Albumrelease. Dass allein diese Tatsache ausreicht, um dem Duo mit RetroActivity eine umfassende Retrospektive zu widmen, zeigt, wie einflussreich das Label in den letzten 20 Jahren geworden ist. Doch so einfach ist es nicht: Beeinflusst von House aus Chicago und Detroit, den Warp anfänglich noch aus den USA nach England importierte, und mit der 808 unterm Arm, schufen die beiden Richards Acid-Techno, der seiner Zeit weit voraus war und noch heute erschreckend aktuell klingt. Auf der 23 Tracks umfassenden Compilation kann man sich davon überzeugen: Alle Tracks von Sweet Exorcist werden dort vereint, und mit unveröffentlichten Tracks, Bonus-, Demo- und Alternativ-Versionen angereichert. RetroActivity ist eine Geschichtsstunde in Sachen Electronica und huldigt auf eindrucksvolle Weise einem der wichtigsten Techno-Projekte der Neuzeit.